Was für ein brillanter Auftakt

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meinekleinebüchersucht68 Avatar

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Nach ihrer erfolgreichen hanseatischen Familiensaga (Elbleuchten und Elbstürme) hat Miriam Georg nun ihr neustes Werk Das Tor zur Welt „Träume“, dass im Juli 2022 im rororo Verlag erschienen ist, vorgelegt. Leider muss ich gestehen, dass ich zwar von der Autorin und deren Bücher schon einiges gehört habe, aber gelesen habe ich bis dato noch keins und deshalb war dieser mein Debüt. Als ich den Roman bei den Neuerscheinungen entdeckt habe, war meine Neugierde bereits mehr als nur geweckt. Der Klapptext setzte quasi das berühmte i-Tüpfelchen oben drauf und von da an wusste ich, dass ich diese Reise nach Hamburg antreten werde.

Die Autorin hat mich mit ihrem flüssigen und leichten Schreibstil von Beginn an überrascht. Wow und wieder eine Autorin, die ihr Handwerk versteht und ganz genau weiß, womit sie die Leserschaft in ihren Bann ziehen kann. Bereist ab der ersten Seite wusste ich, dass dies „meine Geschichte“ sein wird und es mir sehr schwerfallen wird, dieses Buch so einfach aus den Händen zu legen, bevor ich es nicht beendet habe. Okay, bei über 600 Seiten musste ich zwar einige Lesepausen einlegen, aber umso mehr freute ich mich aufs Weiterlesen. Je weiter ich las, desto mehr und mehr tauchte ich in die Leben der zwei Frauen ein und ab.

Ava de Buur und Claire Conrad, zwei Menschen, die nicht unterschiedlicher hätten sein können. Ava kommt aus ganz ärmlichen Verhältnissen, ihre Erinnerung an ihre Mutter verblast von Tag zu Tag immer mehr, aber dennoch hält sie an ihrem Traum fest: so bald es ihr möglich ist, möchte sie nach Amerika reisen, um dort nach ihr zu suchen. Doch ihr Weg dorthin ist hart und steinig und der erste Weg führt sie nach Hamburg in die Auswandererstadt. Dort arbeitet sie schwer und spart eisern auf ihr Ziel. Wird sie es schaffen, eine der begehrten Fahrkarten zu bekommen, um nach Amerika reisen zu dürfen und wird sie dort tatsächlich ihre Mutter finden?

Claire Conrad ist genau das Gegenteil von Ava. Sie ist reich, hübsch, wohnt in der nobelsten Wohngegend Hamburg und meistens bekommt sie alles das, wovon viele nur träumen dürfen. Allerdings ist ihre alleinerziehende Mutter mehr als nur überfordert, denn Claire weiß wie sie ihre Aufmüpfigkeit einsetzen kann, um an ihr Ziel zu gelangen. Jetzt hat Claire sich auch noch Hals über Kopf in Magnus Godebrink verliebt und träumt schon von einer gemeinsamen Hochzeit. Steht tatsächlich bald eine Traumhochzeit im Hause Conrads an oder werden Claires Träume wie Seifenblasen zerplatzen?

Zwei Leben - zwei Schicksale und doch haben sie viele Parallelen.

Dies sind nur zwei der ausdrucksstarken und facettenreichen Charaktere die Miriam Georg für die Geschichte erschaffen hat. Ganz egal, welche Person man hier herausnehmen würde, sie sind allesamt detailliert und lebensnah beschrieben worden. Jede einzelne Figur bereichert durch ihre Anwesenheit und macht sie authentischer denn je. Es entsteht der Eindruck, dass diese Handlung genauso passiert ist, aber leider ist dem nicht so: sie ist rein fiktiver Natur! Schade, aber daran merkt man, mit wieviel Herzblut die Autorin diesen Roman geschrieben hat. Hinzu kommen noch zahlreiche Recherchen über dieser Zeit. Fakten und Informationen wurden gesammelt, ausgewertet, um sie dann in die Geschichte einzuweben. Auch wenn der historische Hintergrund eine große Rolle spielt, so gehört zu einem historischen Roman eine zeitgemäße Kulisse und genau die hat Frau Georg perfekt erschaffen und brillant wiedergegeben. Zum einen das alte Land, wo die Armut tagein tagaus regiert und zum anderen die heile und schöne Welt von Claire. Claire, die nie erfahren hat, was es heißt, für Geld hart arbeiten zu müssen, um den Hunger ein wenig stillen zu können. Oder um noch ein Beispiel nennen zu wollen, die Auswandererstadt, der zentrale Zufluchtspunkt jedes Auswanderers. An dieser Stelle wird jedem Leser bewusst, welchen Strapazen Menschen auf sich genommen haben, nur um eine Reise antreten zu können, die ihnen ein neues und besseres Leben bescheren soll. Aber nicht für jeden geht dieser in Erfüllung.

Die Autorin hat nicht nur einen Roman geschrieben. Nein, sie nimmt ihre Leser mit auf eine Reise, die sie so noch nicht erlebt haben. Sie entführt sie in eine Welt, lässt sie hautnah teilhaben an Armut, Hunger und Schicksale.

Eine wirklich grandiose Leistung, die Miriam Georg hier abgeliefert hat. Chapeau!

Schade nur, dass dieser Band mit einem Cliffhanger beendet worden ist. Zu gerne wüsste ich wie es wieder gehen wird, aber so kann ich mir hier und da schon einmal Gedanken machen und wer weiß, vielleicht liege ich ja mit meinen Theorien gar nicht mal so verkehrt.

Das Tor zur Welt ist eine emotionale, informative und zugleich spannende Zeitreise. Eine Historische Familiensaga, die definitiv Lust und neugierig auf den zweiten Band macht. Dieser soll mit dem Titel Das Tor zur Welt „Hoffnung“ im Oktober 2022 erscheinen.

5 von 5 Sternen und ein Muss für alle Fans von historischen Familiensaga und für eine Leseempfehlung an diejenigen, die es noch werden wollen.