Die Person des Old John Brown und die Sklaverei.

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
ismaela Avatar

Von

An diesem Buch hat mich zuerst das Cover angesprungen - eine wunderschöne Komposition aus verschiedenen Schriftarten, dezenter Grafik und stimmiger Farben. Normalerweise sagt das ja noch nichts über den Inhalt aus, aber ich bin ein Mensch, der Bücher in die Hand nimmt, wenn das Cover aussergewöhnlich ist.

Das Buch bzw. die Geschichte selbst ist ein bisschen schwierig zu beschreiben: es geht um Henry Shackleford - genannt die "Zwiebel" - und dem weißen Abolitionisten John Brown, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, mit Gottes Hilfe die schwarzen Sklaven aus ihrer Knechtschaft zu befreien. Deshalb zieht er durch die Lande und geht dabei nicht zimperlich mit den Sklavenbesitzern und -befürwortern um. So taucht er eines Tages im Barbierladen von Henrys Vater auf, stiftet Unruhe, im Zuge dessen der Vater getötet wird (nicht durch einen Schuss, aber durch einen Holzspieß, der den Körper des Vaters durchbohrt) und Henry kurzerhand mitnimmt, ihn "rettet". Im Eifer des Gefechts hält er Henry für ein Mädchen, und dieser lässt ihn in diesem Glauben. (Dazu gibt es aber am Schluss des Buches noch eine Überraschung.)

Durch die Widmung des Autors ganz am Schluss des Buches habe ich erfahren, dass John Brown eine reale Person ist, dessen Geschichte James McBride hier mit viel künstlerischer Freiheit beschreibt. Es stimmt, die Geschichte plätschert über weite Teile dahin, es gibt nur wenige wirkliche Spannungsbögen, aber trotzdem hat mich die Geschichte nicht losgelassen. Das lag zum Einen daran, wie hier über die Sklaverei geschrieben wurde. Ein schreckliches Kapitel in der Amerikanischen Geschichte, und zu lesen, mit welcher Selbstverständlichkeit Menschen verkauft, benutzt, verliehen, verbraucht werden, wie sie wohn(t)en und ihr Leben leb(t)en, ist erschreckend. Zum Anderen an der Sprache: die Geschichte ist in der Ich-Form verfasst, Erzähler ist die "Zwiebel". Er schildert die Reisen, die er mit Old John Brown unternimmt und den Zwiespalt, in dem er steckt: einerseits will er flüchten, weil er die ganze Gewalt, die mit dem Captain einhergeht, nicht erträgt, andererseits zieht es ihn aber immer wieder zu dem Alten Mann hin, und letztendlich findet er durch ihn den Weg zu Gott. Dabei nutzt er keine hochgebildete Sprache, sondern eher eine Umgangssprache ("mit mei'm...", "der is' nich' hier nich'..." usw), was mich sehr angerührt hat; die Dialoge sind fantastisch!
Sehr berührt hat mich auch der Schluss, als John Brown gefasst ist und gehängt werden soll. In diesen letzten Stunden gibt er Zwiebel nicht nur zu verstehen, dass er gewusst hat, dass er kein Mädchen ist, er bittet ihn auch, nach seiner Familie zu sehen.

Einen Kritikpunkt habe ich allerdings: der Autor hat offensichtlich eine hohe Meinung von John Brown, weil dieser für die Rechte der Schwarzen eingetreten ist und der Autor selbst ein Schwarzer ist, zumindest dunkelhäutig. Trotzdem sollte man nicht ausser Acht lassen, dass Brown, auch wenn er die richtigen Motive hatte, ein Mörder war und viele Menschen umgebracht hat. Vor allem die Szene ziemlich am Anfang, als er u. a. einen Vater und seine zwei Söhne massakriert, fand ich abscheulich. Seine Ziele durchsetzen zu wollen, ist sicher schön und gut, aber ein Mord ist ein Mord...

Trotzdem gibt es von mir eine klare Leseempfehlung für dieses Buch! Lesen!!