Lebt von seinem Island-Flair

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marakkaram Avatar

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** Mit jeder Stunde, die sie auf Island war, wurde ihr auch klarer, worauf sie sich mit dem Jahr fernab der Heimat wirklich eingelassen hatte. Sie konnte kein Wort dieser fremden Sprache und sie kannte - außer ihren Mitreisenden - keine Menschenseele. **

1949: "Landarbeiterinnen gesucht" Margarete sieht ihre Chance dem Hunger und den Trümmern im Nachkriegs-Deutschland zu entfliehen und überredet ihre Schwester Helga für ein Jahr mit ihr nach Island zu kommen. Hungern müssen sie wirklich nicht, aber ganz so einfach ist der Start in einem fremden Land, dessen Sprache man nicht spricht, auch nicht und Helga will auf jeden Fall nach Ablauf des Jahres wieder zurück.

2017: 70 Jahre hat Greta ihre Schwester Helga nicht mehr gesehen oder gesprochen, seit sie damals im Streit auseinandergegangen sind. Jetzt reist sie mit ihrer Enkelin Pia und deren Tochter noch einmal nach Island zurück. Pia, die grade eine Trennung hinter sich hat, freut sich auf eine Auszeit und Annäherung mit Leonie. Auf der Fähre trifft sie den gutaussehenden aber sturköpfigen Ragnan, der sich dann als Nachbar entpuppt.

Ich bin jetzt kein unbedingter Island-Fan (ist mir einfach zu kalt), aber ich finde die Insel, die Vegetation und das Leben dort unheimlich interessant und habe mich gefragt, wie es wohl 1949 war.

Und das ist tatsächlich das Highlight dieses Romans. Karin Baldvisson beschreibt Island, seine Landschaft, die raue Natur und bunten Häuser so gekonnt und bildgewaltig, dass man das Gefühl hat, selbst im Wind zu stehen. Ganz großes Kopfkino!
Und auch die Lebensbedingungen in der kargen, aber umso herzlicheren Umgebung sind unheimlich authentisch geschildert.

Schade, dass dann der zweite Handlungsstrang (2017) mit einer wirklich sehr seichten Liebesgeschichte genaus so viel Platz einnimmt. Mit dem Hauptaugenmerk auf die Auswanderung der beiden Schwestern und einigen Einschüben aus 2017, wäre es im Ganzen für mich runder gewesen. Vor allem hätte es dann auch Raum für mehr Tiefe der Charaktere gegeben.
So pitscht es in kurzen Kapiteln immer hin und her - der eine Strang unheimlich interessant und man würde gern noch tiefer eintauchen, da ist man schon wieder bei Pia und Ragnan und fragt sich, was für einen Sinn ihre Geschichte hat.
Meine Erwartungen waren hier halt ganz andere, ich bin von einer Annäherung der Schwestern, einer Aussprache ausgegangen. Das wurde allerdings nur kurz angerissen.

Das bei Romanen, die auf zwei Zeitebenen spielen, ein Strang mal schwächer ist, ist ja nicht unüblich, aber dass er mich so gar nicht anspricht, doch eher selten und ein wenig schade.

Fazit: Von der Story oberflächlicher als erwartet - nichtsdestotrotz haben mich die Island Schwestern auf eine Art gut unterhalten und ich fand das raue Islandfeeling großartig. Duch dieses außergewöhnliche Setting punktet der Roman nochmal und bekommt 3,5 Sterne von mir.