Familiendrama und Thriller

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Liz Webb hat sich ein ungewöhnliches Motiv für ihr gelungenes Thrillerdebüt – Das Waldhaus – ausgesucht. Im Mittelpunkt steht die 37-jährige Hannah, die in ihrem Elternhaus, dem Waldhaus, ihren demenzkranken Vater pflegt. Das Verhältnis zum Vater ist distanziert, die zunehmende Pflegebedürftigkeit erschwert den Umgang miteinander noch zusätzlich. Während eines Krankenhausaufenthalts spricht er sie plötzlich mit dem Namen ihrer Mutter an und bittet um Verzeihung. Hannah beschließt, herauszufinden, wofür sich ihr Vater entschuldigt, denn ihre Mutter war Jahre zuvor unter mysteriösen Umständen im nahegelegenen Wald verstorben. Immer häufiger gibt sie sich vor dem dementen Mann als ihre Mutter aus und versucht herauszufinden, welche Rolle ihr Vater beim Tod der Mutter gespielt hat.
Der Roman war sehr spannend und beleuchtete den Umgang mit einem dementen Menschen sehr authentisch. Hannah allerdings ist keine Sympathieträgerin, wodurch ich mich manchmal schwertat, ihren Entscheidungen und Handlungsweisen gerne zu folgen. Sie war immer wieder auf selbstzerstörerischen Tripps unterwegs, die wohl ihrer inneren Zerrüttung Ausdruck verleihen sollten. Auch wies der Roman teilweise Längen auf, da Hannah für meinen Geschmack zu viel über viele Seiten hinweg recherchierte und Leute befragte. Die Frage, wie viel Betrug moralisch vertretbar ist, um einem Demenzkranken Informationen aus der Familiengeschichte zu entlocken, beschäftigte mich während des Lesens aber immer wieder. Der Untertitel, Jede Lüge führt dich näher an die Wahrheit, beschreibt dieses Dilemma ganz treffend. Ein spannender, ungewöhnlicher Thriller, wobei ich mehr Interesse an der Familiengeschichte gehabt hätte, wenn mir die Protagonistin sympathischer gewesen wäre.