Wer wollen wir sein?

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dajobama Avatar

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"Das weibliche Prinzip" war mein erstes Buch von Meg Wolitzer, entsprechend neugierig war ich auf diesen Roman. Der Titel bezieht sich auf eine gleichnamige feministische Veröffentlichung der Vorkämpferin Faith Frank.
Feminismus in allen möglichen Facetten ist auch das Hauptthema dieses Werkes, die es so interessant machen. Denn es gibt natürlich nicht den einen Feminismus, sondern ganz unterschiedliche Formen und Auslegungsarten.

Nach kurzer Zeit auf dem College begegnet Greer erstmals der berühmten Frauenrechtlerin Faith Frank. Da sie ein eher schüchternes Naturell besitzt, beeindruckt diese selbstbewusste, kämpferische Frau sie zutiefst. Nach Beendigung ihres Studiums bietet Faith ihr tatsächlich eine Beschäftigung an, natürlich im Kampf für die Frauenrechte...

Den größten Teil des Buches wird von Greer erzählt, so erfahren wir viel von der Beziehung Greers mit Corey, den sie schon seit Kindertagen kennt. Zu Beginn der Geschichte lässt sich diese Verbindung sehr vielversprechend an, da Corey seine Freundin unterstützt und respektiert. Doch nach einem schweren Schicksalsschlag müssen die beiden reflektieren, ob ihre Lebensentwürfe noch zusammenpassen und ob sie sich vielleicht doch etwas vorgemacht haben.
Auch Greers beste Freundin, die lesbische Zee erhält Raum in diesem Buch. Ebenso wie auch Faiths Jugend beleuchtet wird, was ich sehr interessant fand, da man etwas nachvollziehen konnte, wie sie zu der starken Frau wurde, die ihre Anhänger heute in ihren Bann zieht.
Jede dieser sehr unterschiedlichen Frauen ist auf der Suche nach ihrer ganz eigenen Art der Selbstbestimmung.
"Ich glaube, es gibt zwei Sorten von Feministinnen. Die berühmten und den ganzen Rest, all jene, die still und gewissenhaft ihre Arbeit erledigen, ohne viel Anerkennung zu ernten, die niemanden haben, der ihnen täglich sagt, wie toll sie sind." Seite 405

So wird von verschiedenen Personen erzählt und auf unterschiedlichen Zeitebenen. Die Protagonisten sind sehr liebevoll und natürlich gezeichnet, sie machen Fehler und handeln nicht immer moralisch korrekt, es menschelt sehr, das macht sie sympathisch.
Die Schattenseiten des Feminismus werden einfühlsam und plausibel beleuchtet. Beispielsweise hintergeht Greer ihre beste Freundin, um sie als Konkurrentin auszuschalten. Selbst Faith macht bei ihren Projekten fragwürdige Abstriche, aus Angst, dass der Geldstrom versiegen könnte. Auch wird deutlich, dass dieses Anliegen für die Aktivistinnen mit so großem persönlichem Engagement verbunden ist, dass private Beziehungen deutlich darunter zu leiden haben.
"Beziehungen waren ein Luxus, den sich nur Menschen leisten konnten, die nicht in einer Krise steckten." Seite 234

Dieses Buch hat mir sehr gut gefallen, nur muss ich gestehen, dass ich eingangs Schwierigkeiten hatte, in die Geschichte hineinzufinden. Gerade der erste Teil, welcher auf dem Campus spielt, wo Greer Faith kennenlernt, war mir etwas zu sperrig und hat sich auch gezogen. Dies wurde aber immer besser und am Ende wollte ich nicht mehr aufhören...