Großartig
Ein lange von dieser Erde verschwundenes Tier, die Stellersche Seekuh, bildet das Leitmotiv des außerordentlich lesenswerten Romans von Iida Turpeinen. Das Schicksal dieser Tierart steht für unzählige, deren Knochen wir heute in wenigen Museen finden können – und die nur selten unsere Aufmerksamkeit erhalten.
Das riesige Geschöpf, das der Naturforscher Georg Wilhelm Steller auf einer Expedition mit Vitus Bering im Nordmeer im Jahre 1741 vorfand, zieht sich als roter Faden durch den Roman. Ohne Arg, ein Pflanzenfresser, schutzlos dem Menschen ausgeliefert. Rückblickend heißt es: … ‚die erste verschwundene Art/…/ die den Menschen gezwungen hat, in den Spiegel zu blicken.‘ (298)
Der Körper der Seekuh hilft der Mannschaft Berings zu überleben, Bering selbst stirbt. Steller erkennt, dass er auf eine seltene, fast mythische Art gestoßen ist, eine Meerjungfrau, ein Manati – es existieren verschiedene Namen. Er vermisst das riesige Tier genau, kann das Skelett aber nicht mit nach Europa nehmen, wie er gehofft hatte. Nach Stellers Tod bleiben nur die Aufzeichnungen erhalten.
Der Roman springt in das Jahr 1859 zur Südostküste Alaskas, wo Gouverneur Furuhjelm das Skelett einer Seekuh in seinen Besitz bringt – einer der letzten. Sie sind bereits ausgestorben, denn sie wurden um der Pelze willen gejagt, gleichzeitig griffen die Menschen in die Nahrungskette ein und nahmen den Tieren die Möglichkeit zu überleben.
Der nächste Sprung führt nach Helsinki in das Jahr 1861, als der Anatomieprofessor von Nordmann das verblichene und unvollständige Skelett der Seekuh abzeichnen lässt und damit ein Buch illustriert. Noch immer sind viele Menschen ‚nicht bereit zu glauben, dass der Mensch in der Lage sein soll, eine andere Art auszulöschen‘ – also in den Spiegel zu schauen. (249) Das Skelett landet schließlich im Tierkundemuseum von Helsinki, wo John Grönvall, der sich eigentlich dem Vogelschutz verschrieben hatte, es in den 1950ern neu zusammensetzt, da die Forschung inzwischen fortgeschritten ist und neue Erkenntnisse in die Arbeit einfließen.
Spannend und informativ führt Iida Turpeinen ihre Leser/innen durch die vergangenen Jahrhunderte. Ihr Verdienst ist es, aus diesen Fakten nicht nur ein berührendes Sachbuch, sondern ein großes Stück Literatur zu machen. Die historischen und wissenschaftlichen Sachverhalte sind eingebettet in eine Romanhandlung, in der die Menschen lebendig werden, deren Schicksale mit dem des Tieres auf die eine oder andere Weise verknüpft sind.
Eindringlich und ohne zu belehren beschreibt die Erzählerin die Zusammenhänge und lässt dabei eine große Empathie erkennen: ‚Sanftmütig und ohne Furcht‘ ist das riesige Tier, als es Steller begegnet. Turpeinen nutzt vorrangig kurze, prägnante Sätze, die eine starke Sogwirkung entfalten und zur Spannung des Romans beitragen. Dabei verzichtet sie auf Dramatisierungen, der Erzählstil ist geprägt von einer großen Schlichtheit. Die Melancholie, die dahinter hervorschimmert, spiegelt die Trauer angesichts dessen, was Menschen angerichtet haben und noch immer anrichten.
Das ist kein schneller Lesegenuss, aber ein außerordentlich lohnender. Nie sind die Entstehung des Lebens aus einer Urzelle und die Weiterentwicklung der Arten durch die klimatischen und geographischen Veränderungen der Jahrmillionen hindurch poetischer und eindringlicher beschrieben worden als in diesem Buch.
Das riesige Geschöpf, das der Naturforscher Georg Wilhelm Steller auf einer Expedition mit Vitus Bering im Nordmeer im Jahre 1741 vorfand, zieht sich als roter Faden durch den Roman. Ohne Arg, ein Pflanzenfresser, schutzlos dem Menschen ausgeliefert. Rückblickend heißt es: … ‚die erste verschwundene Art/…/ die den Menschen gezwungen hat, in den Spiegel zu blicken.‘ (298)
Der Körper der Seekuh hilft der Mannschaft Berings zu überleben, Bering selbst stirbt. Steller erkennt, dass er auf eine seltene, fast mythische Art gestoßen ist, eine Meerjungfrau, ein Manati – es existieren verschiedene Namen. Er vermisst das riesige Tier genau, kann das Skelett aber nicht mit nach Europa nehmen, wie er gehofft hatte. Nach Stellers Tod bleiben nur die Aufzeichnungen erhalten.
Der Roman springt in das Jahr 1859 zur Südostküste Alaskas, wo Gouverneur Furuhjelm das Skelett einer Seekuh in seinen Besitz bringt – einer der letzten. Sie sind bereits ausgestorben, denn sie wurden um der Pelze willen gejagt, gleichzeitig griffen die Menschen in die Nahrungskette ein und nahmen den Tieren die Möglichkeit zu überleben.
Der nächste Sprung führt nach Helsinki in das Jahr 1861, als der Anatomieprofessor von Nordmann das verblichene und unvollständige Skelett der Seekuh abzeichnen lässt und damit ein Buch illustriert. Noch immer sind viele Menschen ‚nicht bereit zu glauben, dass der Mensch in der Lage sein soll, eine andere Art auszulöschen‘ – also in den Spiegel zu schauen. (249) Das Skelett landet schließlich im Tierkundemuseum von Helsinki, wo John Grönvall, der sich eigentlich dem Vogelschutz verschrieben hatte, es in den 1950ern neu zusammensetzt, da die Forschung inzwischen fortgeschritten ist und neue Erkenntnisse in die Arbeit einfließen.
Spannend und informativ führt Iida Turpeinen ihre Leser/innen durch die vergangenen Jahrhunderte. Ihr Verdienst ist es, aus diesen Fakten nicht nur ein berührendes Sachbuch, sondern ein großes Stück Literatur zu machen. Die historischen und wissenschaftlichen Sachverhalte sind eingebettet in eine Romanhandlung, in der die Menschen lebendig werden, deren Schicksale mit dem des Tieres auf die eine oder andere Weise verknüpft sind.
Eindringlich und ohne zu belehren beschreibt die Erzählerin die Zusammenhänge und lässt dabei eine große Empathie erkennen: ‚Sanftmütig und ohne Furcht‘ ist das riesige Tier, als es Steller begegnet. Turpeinen nutzt vorrangig kurze, prägnante Sätze, die eine starke Sogwirkung entfalten und zur Spannung des Romans beitragen. Dabei verzichtet sie auf Dramatisierungen, der Erzählstil ist geprägt von einer großen Schlichtheit. Die Melancholie, die dahinter hervorschimmert, spiegelt die Trauer angesichts dessen, was Menschen angerichtet haben und noch immer anrichten.
Das ist kein schneller Lesegenuss, aber ein außerordentlich lohnender. Nie sind die Entstehung des Lebens aus einer Urzelle und die Weiterentwicklung der Arten durch die klimatischen und geographischen Veränderungen der Jahrmillionen hindurch poetischer und eindringlicher beschrieben worden als in diesem Buch.