Das gallische Dorf

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
kaffeeelse Avatar

Von

Das ist ein Buch, von dem ich gar nicht gedacht hätte, dass es so bei mir einschlägt. Kindlich, leicht und locker, genauso wirkt dieses Buch, wenn es vor mir liegt. Vor allem das pinke Kaninchen strahlt etwas lockeres und fluffiges aus. Oder wird man hier in die Irre geführt. Denn der Klappentext klingt gar nicht fluffig. Wenn man dieses Buch dann liest, verliert es schnell das Lockere und Fluffige, entwickelt es einen Sog, der mitreißt, der dich dieses Buch nicht mehr weglegen lässt. Und im Hintergrund lauert beim Lesen ein Grauen, dass mich erschauern lässt, ab und zu kommt es vor und schockiert, tief und schmerzhaft, manchmal kommt es völlig unerwartet, manchmal wartet man förmlich auf das grauenhafte Geschehen. Ein junges Mädchen erzählt, ein von der Liebe zu ihrem Bruder erfülltes Mädchen erzählt. Sie erzählt vom Älter werden, sie erzählt vom erwachsen werden, vom erwachsen werden müssen. Dabei strahlt die Erzählerin aber eine innere Stärke und Lebendigkeit aus, die unheimlich berührt. Durch einen richtig heftigen Sog kann man dieses Buch nicht mehr weglegen, denn man will wissen, wohin führt diese Handlung. Und trotz der gewählten, auch etwas eigenwilligen Erzählweise wirkt dieser Coming of age Roman anders; etwas düsteres, brutales, rohes, brachiales wird verbunden mit einer kindlichen Sichtweise in einer kleinen und langweiligen Örtlichkeit, verstörend passt hier wohl am besten. Thematisch ist dieses Buch von Adeline Dieudonné wirklich heftig, Kinder, die dem Grauen gegenüber stehen, hilflos und machtlos, die das wirkliche Leben wieder haben wollen, dieses wirkliche Leben mit aller Kraft ihrer Fantasie wieder beleben wollen, die sehen müssen, wie der Vater die Mutter schlägt, sich in eine Bestie verwandelt, die sich selbst in einer latenten Gefahr befinden und manchmal wird diese Gefahr auch wirklich/wahr/real. Ertragbar macht dieses Buch, dass dieser Horror vordergründig immer nur kurz anwesend ist, eher latent im Hintergrund lauert. Doch man spürt was er macht/ was er bewirkt. Und ist zutiefst schockiert. Weiß man doch, dass dieses Buch zwar Fiktion ist, aber solch ein Horror im realen Leben zu finden ist. Eigentlich sind die Kinder hilflose Opfer. Doch die Erzählstimme erkennt, dass sie kein Opfer sein will und verändert sich dementsprechend. Was wie ein Streifen Hoffnung wirkt. Ich kann dieses Buch wirklich empfehlen. Aber Vorsicht! Dieses Buch ist nichts für empfindsame Gemüter!