Island, die Insel der Augen

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katma Avatar

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Die Geschichte wird einerseits aus der ICH-Perspektive von Swea, der tieftraurigen betrogenen Ehefrau aus Deutschland, erzählt und andererseits aus der von Einar, dem kauzigen, liebenswerten Lehrer in Pension, der ein Geheimnis mit sich herumträgt. Beide waren mir sofort sympathisch und beide müssen mit großen Enttäuschungen fertig werden. Swea’s Wunsch, selbstbestimmt und frei zu leben, konnte ich so gut nachvollziehen! Sie hat ihre Träume und Ziele irgendwann im Alltag aus den Augen verloren, hat ihrem Mann und der Familie zuliebe ihre eigenen künstlerischen Ambitionen aufgegeben, fühlt sich betrogen und ausgenutzt und muss nun ihr Leben erst wieder ordnen. Einar bietet ihr Unterkunft für unbestimmte Zeit an, genau wie er es auch bei Jón getan hat, einem wütenden Isländer, der durch den Bankencrash alles verloren hat. Sie sind zu dritt in Einars Haus am Meer.
„Draußen holt der Regen nur kurz Atem, die Sonne blinzelt zwischen den Wolken hervor und lässt das reingewaschene Land glänzen. Und seltsamerweise fällt mir ein, was Kim einmal zu mir sagte: „In Indien nennt man solche Zeiten im Leben Monsoon Point. Du stehst im Nichts, die Regenflut hat alles Vertraute und Sichere weggespült. Alles Alte ist weggebrochen, und das Neue ist noch nicht aufgebaut.“ Und da sind wir nun, denke ich, versammelt in einem Haus am Ende der Welt. Ein alter Mann, dessen Vergangenheit nur eine Lüge war, eine Touristin auf der Flucht, ein lahmendes Pferd und ein heimatloser Verlierer, der seine Zukunft in Alkohol ertränkt.“
Die Landschaft von Island wird so bildhaft beschrieben, dass ich nun noch lieber dahin fahren und alles mit eigenen Augen sehen möchte. Man erfährt einiges über den Lebensstil der Isländer, die durch ihre raue Natur und die besondere Kultur geprägt sind.
Mich hat der Roman begeistert! Es ist ein sehr ehrliches Buch und voller Weisheiten. Die Geschichte aus Vergangenheitsbewältigung und Neubeginn, aus Reue, Einsicht und Wandel ist raffiniert aufgebaut. Das Leben der Drei Protagonisten öffnet sich nach und nach und Nina Blazon beschreibt ihre Charaktere sehr liebevoll. Ich leide mit Swea, bin wütend aber auch froh über jeden kleinen Schritt, den sie zurück ins Leben findet. Swea lernt, Unbekanntes zuzulassen und ich lerne von ihr, dass man viel öfter loslassen sollte, was einen vergiftet und fertig macht. Auch wenn das Ende vorhersehbar ist, ist es deshalb nicht schlechter sondern es war interessant und spannend mitzuerleben, wie Swea‘s Weg verläuft. Es war mein erstes Buch der Autorin und direkt im Anschluss daran habe ich mir „Liebten wir“ von ihr besorgt, weil ich unbedingt mehr von ihr lesen möchte.