Wunderbare Kulisse. Magere Story.

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thirteentwoseven Avatar

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Nina Blazon kann zweifellos gut schreiben. Im Einstieg ihres neuen Romans "Das Wörterbuch des Windes" gibt sie auch so richtig Gas. Aber leider kann sie Tempo und Niveau nicht über das Buch halten. Es ist einfach zu lang und auch vorhersehbar.

Spannende Ansätze wie der Spuk im Sumarhaus verlaufen im Sande, dafür werden Männerbekanntschaften und berufliche Neuansätze der Protagonistin Swea ziemlich in die Länge gezogen. Alles nur unnötige Kurven und Schlenker, um nicht gleich zum glücklichen und von Anfang an vorhersehbaren Ende zu kommen.
Swea, die auf ihrer 2. Hochzeitsreise von ihrem Künstler- und Göttergatten Henrik zum wiederholten Male betrogen wird, lässt diesen einfach stehen und schlägt sich auf Island alleine durch. Dabei wandelt sie sich vom uniformierten Achenputtel zu einer Femme fatale und Alleskönnerin. Alle (Isländer) lieben sie. Einar, ihr freundlicher Gastgeber und Besitzer des Sumarhauses und sein brummiger Untermieter Jon blühen unter ihrer Obhut wieder auf. Ob Student oder Meistro, die Männer liegen ihr zu Füßen. Die Frauen auch. Jobs, Projekte und Arbeitskreise. Swea kann und macht einfach alles. Dicker aufgetragen, geht es nicht. Hui wie der isländische Wind und pfui wie der stickige Duft eines überbordenden Egos! Die Selbstfindungsstory von Swea macht einem Groschenroman Konkurrenz. Beinahe hätte ich das Buch weggelegt. Aber nur beinahe.

Denn streckenweise wurde es dann doch wieder spannend. Gut und unterhaltsam schreiben kann Nina Blazon schon. Die Schilderung Islands mit seiner herben Natur, den geheimnisvollen Sagen und Mythen und der liebenswerten Sprache sind sehr anschaulich. Und natürlich auch das gute Gefühl am Ende des Buchs. Das Versprechen eines echten Groschenromans wird endlich eingelöst. Ende gut. Alles gut. Ein Versprechen, auf das man hier allerdings lange 570 Seiten warten muss.

Fazit: Wunderbare Kulisse, magere Story. Insgesamt 3,5 von 5 Sternen.