Maria und der Barbier von Sevilla

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naraya Avatar

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„Das Wunder von Treviso“ ist der Debütroman der deutschen Autorin Susanne Falk.

**Handlung:**

Das kleine norditalienische Dörfchen Treviso versinkt immer mehr in der Bedeutungslosigkeit. Während der Nachbarort Castello della Libertà sich immerhin damit brüsten kann, dass Mussolini einst persönlich dort Halt machte, um ein Glas Milch zu trinken, ziehen immer mehr junge Menschen aus Treviso weg. Zurück bleiben gelangweilte Senioren, geschlossene Läden und ein frustrierter Dorfgeistlicher namens Don Antonio. Der beschließt eines Tages, dass Treviso seine ganz eigene Attraktion braucht und lässt kurzerhand von Salvatore, dem ortseigenen Kunstschnitzer eine Madonnenfigur so präparieren, dass sie rote Tränen weint. Schon bald kann sich Treviso nicht mehr vor Touristen retten und alles könnte wunderbar sein, wenn sich nicht Besuch aus dem Vatikan angesagt hätte, der dem Wunder auf den Grund gehen will.

**Meine Meinung:**

Der Roman beginnt mit einem Prolog, in dem wir den Protagonisten Don Antonio und seine Schwester Maria als Kinder bei einem Opernbesuch mit ihrer Nonna Cristina kennenlernen. Dieser Prolog ist äußerst vorausdeutend, denn während der kleine Antonio sich von der Schönheit des Opernhauses unbeeindruckt zeigt – in der Kirche sei es ja schließlich viel schöner – verliebt sich die kleine Maria unsterblich in den „Barbier von Sevilla“. 55 Jahre später ist Don Antonio tatsächlich Geistlicher der Gemeinde Treviso. Seine Tage verbringt er fluchend und jammernd, trinkt gerne und zu viel Rotwein und führt täglich Gespräche mit dem Geist seine Vorgängers Don Ignazio. Diese Gleichförmigkeit seiner Tage wird erheblich gestört, als seine Schwester Maria bei ihm einzieht, die ihm – so findet er – von nun an das Leben zur Hölle macht. Diese hingegen hat allerdings nur Augen für Luigi, den Friseur des Örtchens und so entwickelt sich eine zarte Liebesgeschichte.

Der Autorin ist es sehr gut gelungen, die Atmosphäre in dem kleinen Örtchen Treviso einzufangen. Hier kennt jeder jeden, man streitet und verträgt sich wieder und hält im Grunde aber ganz fest zusammen; natürlich am liebsten gegen die verhassten Bewohner aus dem Nachbarort, denen der neu erlangte Ruhm von Treviso und seiner weinenden Madonna gar nicht zusagt. Vor allem die Charaktere sind es, die den Roman so lesenswert machen. Don Antonio muss man mit seiner rauhbeinigen, etwas derben, aber dennoch liebenswerten Art einfach gern haben. Seine Dialoge mit dem Geist Don Ignazios sind herrlich, wenn auch wenig gottesfürchtig. Luigi und Maria hingegen sind  Figuren mit einer tragischen Vorgeschichte: Luigi hat erst vor 3 Jahren seine geliebte Frau Chiara zu Grabe getragen, Maria verlor ihren Mann und ihren Sohn. Umso schöner ist es mitanzusehen, wie sie sich ineinander verlieben und im Trubel um die weinende Madonna nur Augen füreinander haben. Und wenn Luigi schließlich mit seiner Maria auf den Friedhof geht, um sie Chiara vorzustellen, ist man als Leser recht gerührt.

Die eigentliche Haupthandlung um die weinende Madonna ist hingegen eher unspektakulär. So richtig in Fahrt gerät sie erst, als sich Besuch aus dem Vatikan ansagt. Dieser verläuft dann, aus (zugegebenermaßen recht klischeehaften) Gründen, die ich hier nicht verraten möchte, doch um einiges unkomplizierter, als befürchtet. Daher muss sofort ein neues Problem in Gestalt einer Intrige auftauchen. Dabei ist es doch viel interessanter, was  der Trubel um die weinende Madonna mit den Menschen in Treviso anstellt, die sich plötzlich nach ihrem langweiligen, gemütlichen Alltag zurücksehnen. Nach einem Treviso, das nicht von Pilgern aller Nationalitäten heimgesucht wird und in dessen Supermarkt es keine bunten Plastikmadonnen in verschiedenen Farben zu kaufen gibt. Susanne Falk löst die Handlung schließlich ganz simpel auf und doch könnte ich mir für den Roman keinen besseren Schluss wünschen.

**Fazit:**

Ein netter, kurzweiliger Roman, in dem vor allem Italienfans auf ihre Kosten kommen dürften.