Was passierte bei den Ralstons?

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shiva2308 Avatar

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Gestaltung:
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Das Titelbild mit dem altmodischen Inventar und dem gelb schimmernden Titel hat etwas Mysteriöses und Unheilvolles. Beim Betrachten überkam mich leichte Neugierde und eine Gänsehaut.

Inhalt:
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"Petrichor. Damit fing alles an – mit einem bloßen Geruch. Kennt jemand dieses Wort? Ich habe es von Akilah Jones gelernt. Akilah, Akilah, Akilah …
Zum ersten Mal sah ich sie in Französisch in der Neunten." (S. 11)

Marlowe Wexler ist ein durchschnittlicher weiblicher Teenager. Sie verliebt sich in das Mädchen Akilah. Um sie zu beeindrucken, besorgt sie ihr eine teure Duftkerze mit ihrem Lieblingsgeruch, die leider beim ersten Date ein Haus abbrennen lässt. Akilah zieht sich zurück und Marlowe ist davon so niedergeschlagen, dass sie sich überreden lässt, zur Ablenkung auf einem geheimnisvollen Haus auf einer Insel "Ralston Island" mit anderen Teenagern als Fremdenführerin auszuhelfen. Im sogenannten "Morning House" geschahen in den 1930er-Jahren zwei mysteriöse Todesfälle in der Familie.
Kaum angekommen, erfährt Marlowe von einem weiteren Todesfall kurz vor ihrer Ankunft und zudem verhalten sich die anderen Teenager der Gruppe merkwürdig. Dann macht Marlowe merkwürdige Entdeckungen und je mehr sie versucht, die Puzzleteile zusammenzusetzen, desto mehr gerät sie in tödliche Gefahr.

Mein Eindruck:
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"»Als Historikerin«, fuhr sie fort, »erlebe ich oft, dass Leute das Offensichtliche ignorieren. Vor allem Böses. Leute tun so, als ob es irgendwie okay sein müsste, wenn irgendwas direkt vor ihrer Nase passiert – wenn andere vor aller Augen irgendwas sagen oder tun. Denn wie kann es denn etwas Falsches sein, wenn sie es in aller Öffentlichkeit tun? Böse bedeutet nicht immer smart. Manche Bosheiten umfassen komplexe Manöver im Geheimen, aber die schlimmsten Missetaten, die, mit denen Leute am häufigsten durchkommen, passieren in aller Öffentlichkeit.«" (S. 78f.)

Die Geschichte ist aus Marlowes Sicht als Ich-Erzähler geschrieben und sie war mir direkt sympathisch. Der Roman ist daher geprägt von etwas übertriebenen, aber trockenen Teenagerhumor mit einer Portion Selbst-Ironie. Aber genau das gefiel mir sehr gut, obwohl ich nicht mehr zur Zielgruppe gehöre.
Die Handlung spielt abwechselnd in der Gegenwart und der Vergangenheit der Ralston-Familie. Man ahnt, dass in dieser scheinbar harmonischen Familie irgendwas nicht stimmt, doch das Geheimnis ist sehr gut verpackt. Obwohl ich eine gewisse Ahnung hatte, hat mich das Ende dann doch überrascht. Gleichzeitig beschäftigen Marlowe Todesfälle in der Gegenwart und man kommt beim Lesen nicht umhin, Zusammenhänge zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu vermuten. Die Rückblicke in die Ralston-Vergangenheit weckten in mir ungute Gefühle, da sie ein dunkles Kapitel der Nazis beleuchten (Stichwort: Eugenik).
Ich habe die 400 Seiten fast in einem Rutsch gelesen. Die Kapitel sind recht kurz gehalten und durch den Zeitenwechsel wird die Spannung aufrechterhalten. Zudem mochte ich Marlowe mit ihrem Humor sehr gerne und auch die Romanzen zwischen den Jugendlichen fand ich sehr unterhaltsam.
Insgesamt kann ich diesen Jugendkrimi sehr empfehlen und würde mir wünschen, dass Marlowe mit ihrer Clique irgendwann einen weiteren Fall löst.

Fazit:
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Spannender Jugendkrimi mit leichtem Gänsehautfaktor