Deckname: Bird – ein Name, viele Fragen

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Schon auf den ersten Seiten der Leseprobe zu „Deckname: Bird“ zieht Louise Doughty mich in einen atmosphärisch dichten Thriller, der sich elegant zwischen psychologischer Tiefe und geheimdienstlicher Spannung bewegt. Im Fokus haben wir eine Ich-Erzählerin, die rückblickend versucht zu verstehen, was sie in die Flucht getrieben hat. Diese Suche nach der Wahrheit, und damit auch nach sich selbst, ist das leitende Motiv, das mich von Anfang an fesselt.
Der Einstieg überzeugt mich mit beeindruckender erzählerischer Kraft. Die nüchterne, fast klinische Beschreibung des Raumes „Alaska“ im Gegensatz mit den emotional aufgeladenen Erinnerungen der Protagonistin, die Stück für Stück ein zerrissenes Familienbild, ein Leben im Schatten von Lügen und Spionage enthüllt. Besonders die Rückblicke auf die Kindheit lassen bereits erahnen, wie stark das Persönliche mit der späteren beruflichen Rolle als Agentin verwoben ist.
Der Schreibstil ist klar, präzise und dennoch bildhaft. Es gelingt Doughty, mit wenigen Sätzen starke Bilder zu erzeugen, etwa wenn der Vater erklärt, der Mond sei „immer da“, selbst wenn man ihn nicht sehe. Gerade solche Passagen deuten nicht nur auf die Komplexität der familiären Beziehungen, sondern auch auf das Grundthema von Sichtbarkeit, Geheimnissen und Identität hin.
Was mich besonders neugierig macht: Die Andeutungen einer geheimdienstlichen Vergangenheit, die langsam ins Licht rücken, und die Frage, inwiefern der Vater der Protagonistin in diese Welt verstrickt war, ebenso wie sie selbst. Wer ist „Bird“ wirklich? Welche Rolle spielt der Vater? Und was hat es mit Namen wie „D467“ und „Bratislava“ auf sich?
Die Autorin lässt einen bewusst lange im Unklaren, vertraut auf die Geduld und das Interesse, die einzelnen Puzzleteile nach und nach zusammenzufügen – ein Stil, der intelligent und anspruchsvoll ist.

Fazit:
Die Leseprobe verspricht einen vielschichtigen, intelligent aufgebauten Thriller, der nicht auf Effekthascherei, sondern auf psychologische Tiefe und atmosphärischen Aufbau setzt. Wer sich gern mit Themen wie Erinnerung, Identität und Verrat auseinandersetzt, wird hier voll auf seine Kosten kommen schätze ich. Ich bin sehr gespannt auf den weiteren Verlauf der Geschichte – und darauf, was Bird noch über sich und ihre Vergangenheit herausfinden wird.