Rätselhaft, atmosphärisch und ungewöhnlich
„Deckname Bird“ von Louise Doughty ist kein typischer Thriller und gerade das macht ihn so besonders. Die Geschichte beginnt mit einem packenden Auftakt: Heather „Bird“ Berriman, britische Geheimdienstagentin, muss Hals über Kopf fliehen. Warum sie gejagt wird und wer ihre Verfolger sind, bleibt zunächst im Dunkeln. Stück für Stück entfaltet sich Birds Lebensgeschichte in Rückblenden, von einer Kindheit mit einem geheimnisvollen Vater, über die Zeit bei der Armee und im Geheimdienst, bis zu zerbrochenen Freundschaften und internen Verstrickungen. Diese Perspektivwechsel erzeugen ein komplexes Puzzle, verlangen aber auch Geduld, da die Spannung nach dem rasanten Beginn zeitweise abfällt. Statt reiner Action bietet Doughty eine tiefgehende Charakterstudie mit philosophischen Untertönen und atmosphärischen Landschaftsbeschreibungen. Die wechselnden Zeitebenen, prägnanten Metaphern und das offene Ende laden zum Mitdenken ein und lassen Raum für eigene Interpretationen. Wer einen klassischen Hochgeschwindigkeitsthriller erwartet, könnte enttäuscht werden. Wer jedoch einen vielschichtigen Genre-Mix aus Spionageroman, Roadmovie und psychologischem Porträt sucht, wird mit „Deckname Bird“ eine ungewöhnliche, nachwirkende Lektüre finden.