Eine aussergewöhnliche Familiengeschichte!

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egan80 Avatar

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“Ich”, die namentlich nicht genannte Erzählerin von “Dein ist das Reich”, sortiert Fotos und Notizen, die ihre Großmutter Linette ihr hinterlassen hat. “Ich”, im Berlin der achtziger Jahre der Punk-Szene zugewandt, hat keinen unmittelbaren Bezug zur Geschichte der eigenen Familie. Und dennoch präsentiert unsere namenlose Erzählerin dann eine eher ungewöhnliche Familiengeschichte. Denn wer hat schon Vorfahren, die eine deutsche Kolonie in Polynesien aufgebaut haben? Die als Missionare den christlichen Glauben verbreitet haben?

“Dein ist das Reich” lässt sich zunächst nur schwer greifen. Als historischer Roman verpackt, wird doch eine mehrere Generationen überspannende Familiengeschichte erzählt, die bis in unsere Gegenwart reicht. Wessen Familie? Ausweislich des im Roman gezeigten Stammbaums die der Familien Mohr und Hensolt; als Leser wird einem aber recht schnell klar, das auch eine gehörige Portion Döbler eingearbeitet wurde. Dies fügt der Geschichte eine zusätzliche Ebene hinzu; klar - die erzählte Geschichte mag (abgesehen von den historisch akkuraten Beschreibungen) fiktiv sein. Und doch bleibt bei jeder erzählten Begebenheit die Frage: was ist fiktiv, was autobiographisch?

Diese Frage stellt sich insbesondere dann, wenn der Roman sich der Entwicklung Deutschlands in den 1930er-Jahren zuwendet, und einen teilweise brutal ehrlichen Blick auf die Denkweise und Handlungen der Protagonisten richtet, auch mit Blick auf die Situation der Kolonien.

Katharina Döbler gelingt aber mit “Dein ist das Reich” noch etwas mehr. Eine Familiengeschichte auf knapp fünfhundert Seiten ist in der Regel ein ganz schöner Brummer. Hier aber wird diese Geschichte mit viel Leichtigkeit präsentiert. Auch, weil durch die insgesamt drei handelnden Generationen, sowie die verschiedenen individuellen Lebenspfade, die einzelnen Geschichten episodenhaft und gekapselt erscheinen, und dann an einzelnen Punkten wieder zu einem gemeinsamen Narrativ verwoben werden, das damit deutlich an Leichtigkeit gewinnt.

Ein wirklich toller Roman, der einen als Leser so schnell nicht wieder verlässt!