Enttäuschend

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ekna Avatar

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Kurz gesagt, ich mag das Buch nicht. Bei mir hat's die Sprache verhagelt, beziehungsweise der Umgang mit dieser. Denn Sprache ist Macht, und das wissen wir bereits alle. Fans der "so würde früher halt gesprochen"-These dürfen jetzt aufschreien. Aber mal ernsthaft, wir sind mittlerweile im Jahre 2021 angekommen und da gehört sich sowas einfach nicht.

Ich will der Autorin auch gar nichts Böses unterstellen, aber es war einfach schrecklich geschrieben. Triggerwarnung unter anderem in Sachen Rassismus, Antifeminismus, Verherrlichung des Kolonialismus wären hier durchaus angebracht. Und ja, die sonstige literarische Qualität hat mich auch nicht angesprochen, deswegen habe ichs nach der Hälfte abgebrochen. Schade, schade, es ist ein interessantes Thema, das leider so selten behandelt wird. Aber leider so unreflektiert bearbeitet, es hat bei mir Bauchschmerzen ausgelöst. So ein Thema wie kolonialistische Herrschaft darf nicht unkommentiert stehen gelassen werden und muss feinfühliger bearbeitet werden.

Wenn es stimmt, dass die Autorin hier im Buch ihre kolonialistische Familiengeschichte verarbeitet, hätte ich mir zumindest im Vor- oder Nachwort einen kritischen Standpunkt der Autorin gewünscht. Einfach because.
Über den Kolonialismus literarisch zu schrieben ist erst einmal eine gute Sache, aber nicht so wie im hiesigen Buch dargestellt. Rassismus heutzutage wird weit diskutiert, und das ist gut und muss noch viel weiter so geschehen. Das Buch ist aber ein Schritt zurück in die falsche Richtung. Auch Täter-Opfer-Umkehr ist so ein Ding: der arme Missionar auf Papua Neuguinea, der seine (Zwangs-)Verlobte in Bayern zurücklassen musste und fortan unter Sehnsucht leidet. Wer ein Buch über Missionare mit Helfersyndrom lesen möchte, go for it. Aber man kann auch anders über den Kolonialismus schreiben, ohne ständig Machtherarchien zu betonen, sich rassistischer, veralteter Klischees zu bedienen, ständig das N-Wort und die Exotik der Indigenen zu betonen - die by the way zu faul zum arbeiten und zu dumm zum selbstständigen Denken sind.
Gerade ein solches Thema fordert Sensibilität, Kontext und Reflexion und keine lapidare und herablassende Herangehensweise aus (post-)kolonialistischer Sicht - der Ton macht die Musik.

Ich bin mir sicher, dass in dem Buch eine Menge Arbeit steckt, doch meine Erwartungen hat es nicht erfüllt.