Gottes Wille?

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marielu Avatar

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Zum Inhalt:
Die evangelische Diakonissenanstalt Neuendettelsau bildet Missionare aus und entsendet diese ins „Kaiser-Wilhelm-Reich“ nach Papua-Neuguinea unter Ihnen Heiner Mohr, das elfte Kind einer Bauernfamilie, der dort eine Kokosplantage für die Mission verwaltet, sowie den abenteuerlichen Missionar Johann Hensolt. Während Heiner nach 9 Jahren seine Verlobte Marie, die einst davon träumte Ärztin zu werden bevor man sie Heiner versprach, nachholt macht Johann bei einem Heimaturlaub die Bekanntschaft mit Nette, die eigentlich zurück nach Amerika wollte. In diesem neuen unbekannten Land kreuzen sich kurz die Wege dieser vier Menschen, jenseits der Zivilisation in der sie als Weiße die Macht haben und versuchen ihren Auftrag in gutem Glauben zu erfüllen. Eine schwierige Aufgabe in Zeiten von zwei Weltkriegen und einem unsicheren Frieden in denen es neue Aufbrüche und Abschiede gibt und sich politische und emotionale Verstrickungen entwickeln.

Meine Meinung:
Cover und Titel haben mich nicht sofort angesprochen, aber der Klapptext weckte meine Neugier. Der Schreibstil ist etwas gewöhnungsbedürftig, da es Zeitsprünge mitten im Abschnitt gibt, die wörtliche Rede nicht sofort klar erkennbar ist und auch bei den Protagonisten sprunghaft gewechselt wird, dies hat mich aber nicht in meinem Lesefluss beeinträchtigt. Die Erzählerin ist eine Nachfahrin der beiden Missionarsehepaare, die zuerst nichts von den Geschichten hören will, im Erwachsenenalter aber umso mehr nachfragt, konstruiert und dabei das Ganze mit kritischen Auge betrachtet.
Der Autorin Katharina Döbler gelingt es anhand dieses ungewöhnlichen Familienromans von 1913 bis 1948 interessant zu erzählen wie die Missionare in ihrem christlichen Sendungsbewusstseins gehandelt haben und welchen Einfluss die politischen Strömungen und Rassismus auf ihr Leben nahm. Es war kein einfaches Leben und hatte auch Auswirkungen auf ihre Kinder, die zum Schulbesuch zurück nach Deutschland geschickt wurden und dadurch in eine Identitätskrise gerieten. Heiner zeichnet sich durch seinen Fleiß aus, während Marie nach immer höheren strebt. Johannes ist neugierig, träumt von einer landvölkischen Kirche, er versucht die christliche Botschaft in der Sprache und den Denk- und Lebensformen der Papua anzupassen (hier musste ich an den Missionar Christian Keyßer denken, dessen Lied auch in dem Buch erwähnt wird). Nette ist aufgeschlossen und beobachtet vieles kritisch. Ein durchweg bewegendes, interessantes und faszinierendes Buch das sich mit einem verschwiegenen Kapitel deutscher Geschichte befasst und mich dazu anregt mehr darüber zu lesen.

Fazit:
Ein interessantes nicht oft erwähntes Stück Geschichte in einem ungewöhnlichen Familienroman.