Missionare im Kaiser-Wilhelms-Land

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Katharina Döbler erzählt in diesem Roman die Geschichte ihrer Vorfahren. Ihre Großeltern waren Missionare im Kaiser-Wilhelms-Land (heute ein Teil Neuguineas). Der eine Großvater als Priester, der andere als Verwalter einer Plantage der Mission. Sehr ausführlich wird der Alltag der Großeltern beschrieben, auch wie sie dazu kamen, die Geburt der Kinder, ihr Aufwachsen, die Schwierigkeiten im ersten Weltkrieg, die Internierung im zweiten Weltkrieg. Das ist durchaus interessant zu lesen, wenngleich auch oft ein wenig zu detailreich. Was mich irritiert hat ist, dass genau so ausführlich auch die Vorurteile gegenüber den Einheimischen ausgebreitet werden, ungefiltert, aus Sicht der Missionare und Weißen mit ihrer kolonialistischen Weltsicht, dem Glauben auf einer höheren Stufe zu sein und den Einheimischen durch Mission (und Ausbeutung) Gutes zu tun. Das wird nur ab und zu aus dem Off von der Enkelin kommentiert, allerdings lediglich, indem sie betont, wie sehr sie sich davon schon früh distanziert hat.
Die Lebensgeschichten der Großeltern, eingebettet in ihre Herkunft aus einem konservativen Nest, geprägt vom Glauben, aber auch ihre Umwege und Ausbruchsversuche stellen tatsächlich einen interessanten Stoff dar. Deshalb liest man das Buch auch zu Ende, selbst wenn es sich stellenweise ziemlich zieht. Was es schwer macht ist einerseits die sehr trockene, sachliche Erzählweise, die nichts kommentiert oder einordnet und einfach auch Längen hat. Wollte die Autorin damit ihre Distanz aufzeigen? Für mich ist dieses Konzept nicht ganz aufgegangen.
Was mir gefehlt hat sind Einordnungen, auch Erklärungen, vielleicht sogar ein wenig mehr Verständnis für die Entscheidungen der Großeltern, die in ihrem Rahmen einfach oft nur Kinder ihrer Zeit waren. Vielleicht auch ein wenig Verzeihung oder überhaupt ein wenig mehr Emotionalität.
Der Stoff war wirklich spannend, doch leider ist für mich die Umsetzung nicht aufgegangen. Einerseits zu distanziert, andererseits zu wenig Distanz der eigenen Familiengeschichte gegenüber. Ich bin ganz froh, dass ich es jetzt zur Seite legen kann.