Missionare in Neuguinea

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Katharina Döbler beschreibt am Beispiel von zwei deutschen Familien anschaulich die Zeit der Kolonialisierung in Neuguinea.
Johann Hensolt arbeitet als Südsee-Missionar als er in New York seine durch den 1. Weltkrieg traumatisierte Frau Linette kennen lernt und sie gemeinsam das Leben in Neuguinea der Umerziehung der Papua widmen. Heiner Mohr verwaltet dort eine Plantage für die Mission, er muss lange auf den Nachzug seiner Frau Marie warten, die mit ihrem Schicksal hadert und mit ihrem Mann nicht wirklich glücklich wird. Beide Familien versuchen, mit harter Hand den Vorschriften der Mission gerecht zu werden, Chancen auf eine kritische Reflexion oder eine Abweichung von den vorgegebenen Richtlinien werden mit Argwohn betrachtet und letztendlich bestraft. Als in Deutschland der Nationalsozialismus an Macht gewinnt entzweien sich die Ansichten der beiden Familien: Marie und Johann stehen auf Hitlers Seite.
Die Autorin arbeitet in diesem Roman ihre eigene Vergangenheit auf, die gerne totgeschwiegen und unter den Teppich gekehrt wurde. Verständlich in sofern, als es auch ein trauriges und unrühmliches Kapitel deutscher Geschichte ist, das sie dem Leser nahe bringt. Sie beschreibt anschaulich das Wirken der weißen deutschen Missionare, die im Namen des Herren die wilden Papua zivilisieren wollen, sie unterdrücken, ausnutzen, misshandeln und ihnen ihren Willen und ihre Religion aufzwingen. Doch es ist zugleich auch der Roman einer Familienchronik in bewegten Zeiten und es hat mich sehr berührt zu lesen, wie die nächsten beiden Generationen mit den Folgen der Missionarszeit auf Neuguinea fertig werden müssen.
In einem ungewöhnlichen und anspruchsvollen Schreibstil gelingt es der Autorin, eine fesselnde Familiengeschichte und das Thema Kolonialisierung dem Leser nahe zu bringen. Der Wechsel sowohl zwischen den Familien Mohr und Hensolt als auch zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit verlangt etwas Konzentration, macht den Verlauf der Geschichte aber höchst interessant und immer wieder spannend. Die detaillierte Beschreibung von Fotos aus dem Familienalbum regt zusätzlich die Vorstellungskraft an und macht die Geschichte authentisch.
Ein Roman, der viele Facetten in sich vereinigt: er ist interessant, lehrreich und bietet gute Unterhaltung bei einem anspruchsvollen Schreibstil, deshalb von mir eine unbedingte Leseempfehlung.