und die Herr(lichkeit) in Ewigkeit, Amen

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wilde hummel 1 Avatar

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Katharina Döbler hat einen Familienroman geschrieben, der einen weiten Bogen über die Zeit und die Kolonialgeschichte und die christlichen Missionsbestrebungen spannt. Die Enkelin versucht das Leben der Großeltern zu beleuchten. Die vier Hauptprotagonisten, die beiden Ehepaare Linette und Johann Hensolt und Marie und Heiner Mohr gehen als evangelische Missionare und Kolonialisten in das heutige Neuguinea. Die Geschichte beginnt 1913 in einer süddeutschen Kleinstadt und die vier jungen Menschen, fromm und ahnungslos, brechen auf in die exotische Welt in der Südsee. Sie werden entsandt von der evangelischen Missionsgesellschaft, um die Papua (die "Heiden") zum "rechten Glauben" zu bekehren. Anhand von gefundenen Fotografien und Erzählungen wird die Familienchronik zusammengepuzzelt. Der Erzählstil bleibt immer neutral beschreibend, nimmt also kaum Position ein und dadurch wird die ganze Absurdität von Kolonialismus, Rassismus, Glaubensfanatismus und Faschismus so ernüchternd erschreckend 'normal' eingeordnet in die Zeit, die Gesellschaft und die Glaubenslehre. Gerade, weil die Autor keine kritische Stellung bezieht, wirkt die Geschichte verstörend und fordert geradezu auf, das eigene Geschichtsbild in Bezug auf Kolonialisierung, Rassismus und Macht zu reflektieren. Persönlich hat mich das Buch sehr berührt, da ich mich noch gut daran erinnere, dass 1957 in meiner Schule ein Missionar aus Afrika kam, um Geld für die 'Bekehrung der Heiden' mit einer bei Geldeinwurf nickende dunkle Figur zu sammeln. Die Glaubenslehre kann Gutes Wollen und Schlechtes bewirken (die Großeltern haben eher den Verlust ihrer Kinder in Kauf genommen, als ihre Mission aufzugeben). Die Geschichte von Gestern beeinflusst unser Denken und Handeln heute und Ahnungslosigkeit ist keine Entschuldigung.