Unverschnörkelt ehrlich

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marcialoup Avatar

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Der Beginn des Romans knallt direkt ins Gehirn mit unverschnörkelten Worten eines harten Lebens. Die Taxifahrerin Damani erzählt aus ihrem Alltag, der einem Arbeiten-um-gerade-so-Überleben-zu-können gleicht. Trotz oder gerade wegen ihrer ehrlichen und offenen Art ist die Protagonistin auf Anhieb sympathisch. Man fährt sofort mit ihr, durch verschiedene Situationen und Lebensgeschichten.
Ihre Fahrgäste werden durch detailreiche, aber nie langweilige, Beschreibungen zu individuellen Persönlichkeiten, die man alle wie einen eigenen Gast begrüßt.
Berührungspunkte zwischen allen Schichten werden in schillernden Farben erzählt. Arm und reich geben sich die Taxiklinke in die Hand. Einsamkeiten, Probleme und Gefühle aller Art versickern während der Taxifahrten in die Sitze und prasseln auf Damani ein.
Die dunkelsten und hellsten Ecken einer Stadt, die austauschbar ist, präsentieren sich in krassen Gegensätzen, holen Verborgenes ans Licht und lassen Verwegenes in Dunkelheit versinken.
Für jede Lebenslage gerüstet, hält Damani alle möglichen Utensilien für oder gegen ihre Fahrgäste im Auto bereit, sei es Pfefferspray, Klebeband, Schere, Taschentücher oder auch einen Eimer für Angetrunkene – zur eigenen Sicherheit in jeder Hinsicht.
Rasant lenkt die Taxifahrerin Situationen in verschiedene Richtungen, um das Leben erträglich zu machen und Dingen auszuweichen oder sich ihnen zu stellen, doch manchmal wird sie von den Situationen gelenkt… Sie trifft auf Jolene und eine Liebesgeschichte beginnt.

Das Cover ist genauso einschlagend wie die ersten Seiten des Romans: der obligatorische Duftbaum, der flammend seinen Duft im Auto verströmen soll, um die „Leichen“-Gerüche im Taxi zu überdecken. Bemerkenswert, dass einer Stammgästin die das Taxi täglich nutzt, dies sofort auffällt, als sie ins Taxi steigt, eine sehr alte Dame mit Lavendelduft, die morgens immer zum Bingo fährt.
Auf den ersten Seiten vor Roman-Beginn findet uns ein nachdenklich stimmender Spruch „Wenn diejenigen, die haben, nicht geben, müssen diejenigen, die nicht haben, nehmen.“
Und dann noch die Bitte (an uns alle): Fahrt immer vorsichtig - ein irgendwie rührender Satz zu Beginn einer intensiven Lebensgeschichte.

Die Autorin Priya Guns hat ein hervorragendes Talent, Wörter ins richtige Licht zu rücken und geradeheraus auszuschmücken, sei es bunt und lebhaft, klar und genau, aber auch knallhart und direkt. Präzise zeichnet sie ein ehrliches Zeitgeschehen, drückt den Finger in Wunden, nimmt ihn wieder heraus und zeigt damit auf Unregelmäßigkeiten in der Gesellschaft. Dabei ist der Klang ihrer Sprache eindringlich, aber auch locker und mit gekonntem Witz angereichert und macht beim Lesen immens viel Spaß!
Ein starkes Stück Literatur!