Mord als Erlösung?

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horrorbiene Avatar

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Nachdem im vorherigen Band bereits auf Gina verzichten mussten, ist es auch in diesem Buch leider wieder der Fall und eine von mir erhoffte Überschneidug der Bereiche „Mord“ und „Altfälle“ gibt es nicht. Dafür aber interessante andere Verwicklungen im Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen: Im vorangegangegen Band rückte Ermittler Alois und sein Privatleben in den Fokus nun ist es der „Neuzugang“ Kirsten, den der Leser aber schon aus Verflucht seist du kennt. Kirstens Vergangenheit in Würzburg war etwas prikär, da sich ihr Mann nach einem Beziehungsdrama das Leben nahm und ihre Schwiegereltern die Situation vor der Enkeltochter verkehrten. Hier nun setzt sich Kirsten neben den Ermittlungen dafür ein, die Beziehung zu ihrer dreizehjährigen Tochter zu kitten. Wie dies auch schon bei Alois der Fall war, lässt das Betrachten der einzelnen Figuren diese für mich auf der Sympathisskala steigen.
Darüber hinaus ist Tino in den Fokos der internen Ermittler gerückt, da er angeblich eine Beschuldigte tätlich angegriffen hätte. Dass das Buch etwas länger ist als die anderen Teile, ist auch der Schilderung dieses Zwischenfalls geschuldet, welcher den Einstieg in das Buch bildet. Man könnte nun sagen: „Gut, hätte die Geschichte eigentlich nicht gebraucht und hat sie in die Länge gezogen“, ich aber finde, dass es einen schönen Einstieg und Rahmen darstellt und das Buch noch runder macht. Mir hat dies daher gut gefallen.
Bei diesem Fall schwang nun doch etwas Gesellschaftskritik mit, da der Mörder den Mord als das Bild eines Erlösens für die Alten darstellte und es bei den Ermittlungen zur Sprache kam, wie es in manchen Altenheimen zugeht und dass immer öfter alte Menschen lange tot in Wohnung liegen, bevor sie gefunden werden. Doch dieses Thema wird hier nicht mit einem erhobenen Zeigefinger behandelt, was mir gut gefällt und bildet dennoch einen guten Aufhänger für den Fall. Die Ermittlungen gestalteten sich diesmal gefühlt schwieriger, was das Buch spannend machte und mich bei der Stange hielt. Der obligatorische Nebencharakter (Clara Lenz), der auch eine eigene Perspektive erhält, musste einiges mitmachen und hat mich durchaus aufgeregt, da sie für mein Empfinden nicht genug für sich einsteht und zu oft klein bei gibt – aber das ist nur mein Geschmack. Für diesen Fall allerdings war recht klar, in welchem Bereich die Nebenperspektive wichtig war, so dass ich nicht das Gefühl hatte, mit der Nase auf die Mörderlösung getoßen zu werden. Auf diese Weise hat es sich für mich erst recht spät abgezeichnet, wer es denn nun gewesen sein könnte.
Ansonsten gilt auf für diesen Fall, dass der Schreibstil auf dem gleichen guten Nivau ist wie auch bei den Vorgängern. Zudem sind Löhigs Krimis stets kurzweilig, unterhaltsam und wie es sich für einen Krimi gehört auch mitunter spannend. Ich bin gespannt, ob es einmal eine Verstrickung von „Altfälle“ und „Mord“ geben wird und welcher Charakter im nächsten Band in den Fokus rutschen wird.

Fazit: Deiner Seele Grab reiht sich als sechster Teil bei Qualität und Anspruch bei seinen Vorgängern ein und ist daher eine wunderbare Fortsetzung. Zwar ist Gina leider keine Hauptperson in diesem Band, aber dafür wird diesmal ein anderer Charakter näher beleuchtet, was den Vorteil für die Reihe hat, dass sie sich nicht festfährt und gar langweilig wird. Inge Löhnig schafft es immer wieder sehr unterhaltsame Krimis zu schreiben, die man schnell und einfach konsumieren kann und dabei von ihr, was die Täterermittlung betrifft, aufs Glatteis geführt wird. Ich würde jedoch dazu raten, damit man bei den Beziehungen der Protagonisten auf dem Laufenden ist, mit dem ersten Band der Reihe zu beginnen.