Bavaria zwischen gut und böse

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bavaria123 Avatar

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Der Prolog des Buches ist zunächst eher wenig spektakulär. Ein 17jähriger möchte mit seiner Freundin mal so ganz allein sein und schleicht sich deshalb in das Haus seines Freundes ein, der mit seiner Familie in den Urlaub fahren wird. Aber die Freundin bekommt Stubenarrest und die Familie kehrt wegen Krankheit der Mutter zurück nach Haus. Dann der Schock für den Leser. Die dreiköpfige Familie wird erschossen. Derek kann fliehen. Dieses wird aus einer neutralen Erzählperspektive geschrieben.

Dann kommt der Umbruch. Der Erzähler in der Ichform ist nun Jim Cutter, der Vater von Derek. Diesen Wechsel in der Perspektive finde ich sehr gelungen, auch wenn ich als Leserin dem Vater doch einen Schritt voraus und nun auf seine Gedanken angewiesen bin. Es macht die Geschichte aber nicht uninteressanter.
Der Autor wartet mit einem großen Rundschlag an verschiedenen Charakteren auf. Da ist zunächst einmal einer, der ganz auffällig das Gute symbolisiert. Hier ist nämlich nicht der Gärtner der Mörder. Jim Cutter - ein gut gewählter Name für einen Mann, der beispielsweise Rasenkanten schneidet - ist so etwas, wie der nette Mann von nebenan. Er ist ein guter Familienvater, der seinen Job als Chauffeur beim Bürgermeister Randall Finley aufgegeben hat, weil er ihn einst mit einem minderjährigen Mädchen erwischte. Eigentlich würde er sein Geld wohl lieber als Maler verdienen, ist auf dem Gebiet jedoch etwas erfolglos und arbeitet deshalb als selbstständiger Gärtner. Man muss ihn einfach mögen.
Seine Frau, die eher einen nervigen Part verkörpert, hat ein Verhältnis mit dem arroganten, aalglatten Erfolgsautor Conrad Case.
Linwood Barclay bringt zudem noch vermeintliche Selbstmörder, entlassene Sträflinge, homosexuelle Lehrer, skrupellose Gangster, irrende Ermittler, drogenabhängige Mädchen und untreue Ehefrauen in die Geschichte ein. Diese Personen lassen sich recht schnell in Gut und Böse unterteilen, was so der einzige Schwachpunkt des Werkes ist.

Für mich handelt es sich eher um einen Krimi. Der Fall ist doch vorwiegend verrätselt und es werden viele verschiedene Fährten gelegt, die aber zum großen Teil auf die falsche Spur führen. Allerdings kann man doch relativ früh den Täter enttarnen, da doch einiges zu zufällig geschieht. Aber das mindert auf keinen Fall die Spannung, denn die Hintergründe und Wendungen sind dann doch recht knifflig. Nur für einen echten Thriller fehlen mir eben die psychologischen Effekte.

Sehr interessant war für mich die Geschichte um einen kleinen Ohrstecker. Dieser geht dem 17jährigen Derek schon sehr früh verloren und ich dachte, er wäre eben im Keller des Hauses der Langleys zu finden. Aber wo er dann aufgefunden wird und wie er da hingekommen ist, das ist schon überraschend.

Der Autor lässt durchaus leicht humoristische Anwandlung in diesen Krimi einfließen, was ich als sehr gelungen ansehe. So findet er auch einige treffende Bemerkungen zu der Politik, die bis 2008 ja noch von Bush ausging.
Die Geschichte wirkt auf mich gut durchdacht. Sie ist spannend und kurzweilig mit spritzigen, lebensechten Dialogen. Promise Falls erweist sich auf dem zweiten Blick als überhaupt nicht biedere Kleinstadt.

Ich kann dieses Buch auf jeden Fall empfehlen. Gerade bei dem derzeitigen eher wechselhaften Wetter kann man so kurzweilige, spannende Stunden erleben. Wegen der kleinen angesprochenen Kontras ziehe ich jedoch einen Stern in der Bewertung ab.