Demnächst in Tokio – In einer anderen Welt durch Zeit und Raum

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
nicky_g Avatar

Von

Karoline, die Tochter von Elisabeth von Traunstein, wird beruflich nach Japan geschickt. Elisabeth selbst lebte dort vor vielen Jahren mit ihrem Mann Ernst Wilhelm, der in Tokio deutscher Botschafter war. Grund genug für sie, sich an die Zeit in den 30er- und 40er-Jahren zu erinnern und ihrer Tochter endlich ihre Lebensgeschichte zu erzählen, was sich damals wirklich zugetragen hat.

Dies wird mit vielen Details zum Leben erweckt, so dass die damalige Welt vor dem geistigen Auge aufersteht. Es war eine Zeit, die noch nicht mal ein Jahrhundert vergangen ist und doch so weit weg erscheint, was man allein an der endlosen Bahnfahrt erkennen kann, die Elisabeth kurz nach ihrer Hochzeit antreten muss.

Die geschmeidige Sprache benutzt treffende Bilder, die die Beschreibungen lebendig wirken lassen: „Ich pflückte mir das Wissen um die Zusammenhänge einzeln wie bunte Blütenstängel von der Blumenwiese meines neuen Lebens und brauchte Jahre, sie zu einem Strauß zu fügen.“ (S. 39)

Es ist faszinierend zu lesen, wie sehr sich die Welt geändert hat, was nicht nur in der Art zu Reisen auffällig ist, wenn man mit dem Zug viele Tage braucht, wofür es heute mit dem Flugzeug wenige Stunden benötigt, sondern auch an dem Verhalten der Menschen zu- und untereinander.

Der Roman erzählt sehr persönlich, intim und innig. Die Geschichte blüht auf in zahlreichen alltäglichen Darstellungen wie die Feier des deutschen Weihnachtsfestes in den 30er-Jahren. Und genauso blüht Elisabeth auf, die zu Beginn schüchtern, vielleicht sogar eingeschüchtert ist, vor allem getrieben durch den strengen Vater, und ungelenk und unerfahren auftritt. Nach und nach lernt sie dazu, ist wissbegierig und lässt sich von dem schönen Schein mancher Menschen nicht täuschen, fängt an ihre eigene Meinung zu bilden und eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Als Leser ist man hautnah dabei.

„Ich merkte, dass mein altes Leben allmählich so verblasste wie ein Vorhang, wenn darauf zu lang die Sonne scheint.“ (S. 146)

Ein wunderbarer Roman, in dem man in den Sätzen und Bildern schwelgen kann, die vor Fabulierlust übersprühen.