Zweimal Kater Mütze

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bavaria123 Avatar

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Die 18-jährige Elisabeth, behütet und aus gutem Hause, macht sich 1934 ins fremde Japan auf, um ihren Ehemann zu treffen: Ernst Wilhelm, 39, Diplomat in Tokio, der mit der Heirat seinen Posten im diplomatischen Dienst des Deutschen Reichs sichern will. Kaum reicht Elisabeths Fantasie, sich die Hochzeitsnacht mit einem gestandenen Mann vorzustellen. Umso erleichterter ist sie, dass Ernst freundlich auf Distanz geht. Doch findet sie sich unter Menschen wieder, deren Handeln und Gefühle sie nicht durchschaut. Während die Nazifizierung des Personals voranschreitet, gibt es Heimlichkeiten, Getuschel in der Botschaft. Warum wird Ernst vom japanischen Geheimdienst beobachtet? Ist sein Freund Alexander ein Spion?

Diesen Hinweis auf den Inhalt des Buches fand ich ausgesprochen interessant. Dazu hat auch auf den ersten Blick das Cover hervorragend gepasst. Nach einigen gelesenen Seiten aber dann nicht mehr so ganz. Die abgebildete Dame ist mir dann für Elisabeth doch ein wenig groß geraten, immerhin ist ihr Spitzname "Zwerg". Und mindestens einer der beiden Männer hätte etwas dynamischer, weniger ältlich gezeichnet sein müssen. Doch egal, wichtig ist ja dann doch die Geschichte.

Nicht neu, aber hier sehr gut eingesetzt ist die Idee, dass die nun 95jährige Elisabeth ihr Leben in der Retrospektive in einem Brief an ihre Tochter verfasst. Sie beginnt mit ihrer arrangierten Hochzeit mit dem Diplomaten Ernst Wilhelm von Traunstein in München. Hier ist sie noch eine naive, schüchterne junge Frau. Innerhalb der Erzählung reift sie aber zu einer selbstbewussten starken Frau heran. Die Beschreibung und Entwicklung der Protagonistin empfinde ich als gut gelungen. Ich konnte mit ihr fühlen, hoffen und bangen.

Besonders gut gelungen ist für mich die Verknüpfung von Realität und Fiktion. So gab der im Jahr 1964 postum zum Helden der Sowjetunion ernannte Richard Sorge die Vorlage für den hier auftretenden Alexander Arendt. Außer von einer Briefmarke her war mir Sorge allerdings bis dato unbekannt. Jener Sorge war ein sowjetischer Kommunist russisch-deutscher Abstammung. Er war während des Zweiten Weltkriegs als Journalist und Spion für die Sowjetunion in Japan tätig. Sein Pseudonym lautete R. Sonter, sein GRU-Deckname „Ramsay“. Einige seiner Lebensumstände werden in diesem Buch dargestellt.

Ein wenig erfährt man auch über die Rolle von Japan und China im 2. Weltkrieg. Das war mir in diesem Ausmaß vorher so nicht bekannt. Das Buch wird allerdings durch all diese Details stellenweise ein wenig schwierig zu lesen, weil es dann doch überfrachtet ist. Zudem fehlen dann an manchen Stellen Absätze zur Strukturierung. Aber das ist auch schon alles, was mir nicht so gefallen hat.

Insgesamt ist der Autorin ein spannendes Buch gelungen, das ich auf jeden Fall weiter empfehle, wenn auch mit Einbehaltung eines Sterns.