Ein David Copperfield der Gegenwart

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Manchmal findet die Leserin oder der Leser ein besonderes Buch und manchmal findet ein besonderes Buch sein Publikum. So ging es mir mit „Demon Copperhead“ von Barbara Kingsolver, einem Obelisken von Roman, der von einigen Kritikern schon als „David Copperfield“ für das aktuelle Jahrhundert beziechnet wurde. Und ja, dieser Vergleich liegt nahe, nicht umsonst haben beide Protagonisten die gleichen Initialen. Und ähnlich wie das Meisterwerk von Dickens entwickelt die Geschichte um Demon, der eigentlich Damon heißt, aber nur von der Nachbarsfrau so genannt wird, einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann.

Demon hat es von Anfang an nicht leicht. Der Vater stirbt vor seiner Geburt, die Mutter kämpft ständig mit ihrer Sucht und heiratet den falschen, weil gewalttätigen, Mann. Geborgenheit findet er nur bei den Nachbarn, der Familie Peggot, die im gleichen Trailerpark irgendwo in den Apalachen lebt. Und hier beginnt auch seine Odyssee durch Armut, Drogensucht, Pflegefamilien und Gewalt. Aber Demon ist ein Kämpfer, ausgestattet mit einem knochentrockenen Humor. Und er nimmt den Kampf an, auch wenn das Leben ihm jedesmal aufs Neue Steine in den Weg legt.

Demon Copperhead ist ein tragisches, aber auch komisches Buch, das das Leben in all seinen Facetten und Grausamkeiten zeigt, dem aber auch immer ein Funken Hoffnung innewohnt. Denn Demon entwickelt sich, allen Widrigkeiten zum Trotz zu einem starken Charakter, der entschlossen und klug seinen Weg geht.

Barbara Kingsolver gelingt es dabei, dem Publikum ein zutiefst gespaltenes Amerika aus einer Perspektive zu zeigen, die man so in der Regel nicht kennenlernt. Sie schreibt übe soziale Ungerechtigkeiten, Armut, Drogensucht und Gewalt, aber sie verurteilt die Protagonisten nicht. Im Gegenteil, in jeder Zeile schwingt auch Verständnis für ihre tragischen Helden mit. Für mich ein Buch, das trotz mehr als 800 Seiten nie langweilig wurde und Blickwinkel eröffnet, die ich so noch nicht kannte. Dies wurde auch schon gewürdigt, die Autorin erhielt für „Demon Copperhead“ den Pulitzer-Preis 2023 in der Kategorie „Belletristik“.