Eine grandiose Neuinterpretation

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MEINE MEINUNG
Mit dem bewegenden Roman "Demon Copperhead" ist der US-amerikanischen Autorin Barbara Kingsolver eine faszinierende zeitgemäße Neuinterpretation des berühmten Klassikers "David Copperfield" von Charles Dickens gelungen. Angesiedelt ist die spannende und vielschichtige Geschichte jedoch nicht im viktorianischen London sondern in den Appalachen Virginias in der Gegenwart der 1990er und 2000er Jahre. Angelehnt an die Handlung des klassischen Vorbilds von Charles Dickens, schildert die Autorin am Beispiel ihres Protagonisten Demon Copperhead das Schicksal von Kindern und Jugendlichen, die Opfer der verheerenden Opioidkrise in den USA wurden, ihre Eltern verloren haben, eine schwierige Kindheit mit Verlusten und Entbehrungen durchstehen müssen und in ärmlichen Verhältnissen aufwachsen.
Ähnlich wie David Copperfield durchlebt auch Demon eine schwierige Kindheit und Jugend in Vernachlässigung, bitterer Armut und skrupelloser Ausbeutung in Pflegefamilien und landet schließlich in der Drogensucht.
Trotz der fesselnden Handlung spart Kingsolver in ihrem Roman nicht an herber Gesellschaftskritik. Sehr eindringlich schildert die Autorin die sozialen Probleme der Appalachen-Region, die geprägt sind von Armut, Drogenmissbrauch und desolaten Verhältnisse in den Pflegefamilien und thematisiert zudem die Perspektivlosigkeit der Bevölkerung und die sozioökonomischen Differenzen zwischen Stadt- und Landleben. Sie zeichnet nicht nur ein schonungsloses und düsteres Bild einer Kindheit und Jugend in sozialer Ausgrenzung sondern auch ein facettenreiches Gesellschaftsporträt, das sehr nachdenklich stimmt.
Die Autorin hat ihrem faszinierenden Protagonisten mit seiner frechen, unverblümten Art eine wundervolle, beeindruckende Erzählstimme verliehen. Sie zeichnet Demon als einen sympathischen, witzigen und lebenstüchtigen Charakter mit einem ungebrochenen Überlebenswillen und einem Herz am rechten Fleck, der sich trotz vieler widriger Umstände durchzukämpfen weiß. Seine vielschichtige Persönlichkeit hat mit tief beeindruckt. Zudem hat die Autorin weitere interessante, sehr lebensnahe Figuren entworfen, die uns aufschlussreiche und authentische Einblicke in das ländliche Milieu der Appalachen und das Leben der „Hinterwäldler“ gewähren.
Hervorragend hat mir auch Kingsolvers frischer, opulenter Erzählstil gefallen, der mich bestens unterhalten konnte.

FAZIT

Ein großartiger und berührender Roman über ein Leben gegen alle Widerstände. Ein gelungener moderner Klassiker mit einem faszinierenden „Helden“, starken Charakteren und viel Gesellschaftskritik.