'Als ich vom Tod meines Bruders erfuhr, empfand ich nichts'
'Als ich vom Tod meines Bruders erfuhr, empfand ich nichts; weder Traurigkeit noch Verzweiflung noch Erleichterung noch Freude. Ich nahm die Nachricht auf wie den Wetterbericht oder wie man jemandem zuhört, der vom Einkaufen im Supermarkt erzählt. Ich hatte meinen Bruder seit fast zehn Jahren nicht gesehen. Ich wollte ihn nicht sehen.' (Seite 7)
Obwohl seine Mutter immer wieder insistierte und ihn zu einer Kontaktaufnahme mit seinem Bruder überreden wollte, bleibt Édouard hart.
Jetzt ist der Bruder tot - im Alter von 38 Jahren an multiplem Organversagen aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit gestorben.
'Mein Bruder war an seinen Träumen erkrankt.' (Seite 16)
Édouard Louis erzählt in 'Der Absturz' von seiner Herkunftsfamilie und vom Leben seines Bruders. Louis berichtet auch von einer extrem schwierigen Beziehung zu seinem Bruder, doch auch von einer insgesamt ungünstigen Familiendynamik, von Abwertung, Verhöhnung und Invalidierung.
'Meinen Bruder kennenzulernen, bedeutete, ihn hassen zu lernen.' (Seite 23)
Ich habe alles bisher Erschienene von Louis gelesen und schätze ihn als Autor sehr. Und natürlich war auch das Buch über seinen Bruder für mich Pflicht, welches zwar als Roman bezeichnet wird, aber eindeutig an Louis’ Leben angelehnt ist.
Louis schreibt lange Sätze, und auch dieses Buch weist einen ganz besonderen Schreibstil auf, bei dem Louis immer wieder Phrasen wiederholt und verschachtelte Sätze schreibt, auf explizite, schonungslos ehrliche Weise Dinge auf den Punkt bringt.
Ich finde nicht, dass man über Tote nur Gutes sagen darf, wie Leute es oft sagen. Doch hier fand ich es etwas verstörend, was Louis über seinen Bruder schreibt. Dabei meine ich nicht einmal das Negative an sich, sondern die extrem intimen Dinge, die niemanden etwas angehen, solange man es nicht selbst freiwillig über sich selbst erzählt. Das hat mich eher abgestoßen, aber natürlich kann man sagen, dass dies künstlerische Freiheit ist und es gar nicht wirklich um eine tatsächliche Begebenheit mit seinen Bruder geht. Doch für mich hat das trotzdem einen üblen Nachgeschmack, weil man als Leser einfach nicht wissen kann, was Realität und was Fiktion ist.
Andererseits beschreibt Louis die Dynamiken in der Familie extrem gut. Man kann als Leser sich sehr gut eindenken und einfühlen. Aber so richtig übergesprungen ist der Funke diesmal nicht.
Obwohl seine Mutter immer wieder insistierte und ihn zu einer Kontaktaufnahme mit seinem Bruder überreden wollte, bleibt Édouard hart.
Jetzt ist der Bruder tot - im Alter von 38 Jahren an multiplem Organversagen aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit gestorben.
'Mein Bruder war an seinen Träumen erkrankt.' (Seite 16)
Édouard Louis erzählt in 'Der Absturz' von seiner Herkunftsfamilie und vom Leben seines Bruders. Louis berichtet auch von einer extrem schwierigen Beziehung zu seinem Bruder, doch auch von einer insgesamt ungünstigen Familiendynamik, von Abwertung, Verhöhnung und Invalidierung.
'Meinen Bruder kennenzulernen, bedeutete, ihn hassen zu lernen.' (Seite 23)
Ich habe alles bisher Erschienene von Louis gelesen und schätze ihn als Autor sehr. Und natürlich war auch das Buch über seinen Bruder für mich Pflicht, welches zwar als Roman bezeichnet wird, aber eindeutig an Louis’ Leben angelehnt ist.
Louis schreibt lange Sätze, und auch dieses Buch weist einen ganz besonderen Schreibstil auf, bei dem Louis immer wieder Phrasen wiederholt und verschachtelte Sätze schreibt, auf explizite, schonungslos ehrliche Weise Dinge auf den Punkt bringt.
Ich finde nicht, dass man über Tote nur Gutes sagen darf, wie Leute es oft sagen. Doch hier fand ich es etwas verstörend, was Louis über seinen Bruder schreibt. Dabei meine ich nicht einmal das Negative an sich, sondern die extrem intimen Dinge, die niemanden etwas angehen, solange man es nicht selbst freiwillig über sich selbst erzählt. Das hat mich eher abgestoßen, aber natürlich kann man sagen, dass dies künstlerische Freiheit ist und es gar nicht wirklich um eine tatsächliche Begebenheit mit seinen Bruder geht. Doch für mich hat das trotzdem einen üblen Nachgeschmack, weil man als Leser einfach nicht wissen kann, was Realität und was Fiktion ist.
Andererseits beschreibt Louis die Dynamiken in der Familie extrem gut. Man kann als Leser sich sehr gut eindenken und einfühlen. Aber so richtig übergesprungen ist der Funke diesmal nicht.