An Träumen erkrankt
Februar 2025, Theatersaal, Lesung von Édouard Louis zum Roman „Monique bricht aus“. Ich mittendrin, sowohl was meinen Sitzplatz als auch meine Gefühlslage betrifft, lausche den klugen Gedanken eines absoluten Lieblingsautors. Gegen Ende erläutert Louis, dass sein Folgeroman das Ende seiner Erzählungen über die eigene Familie markieren werde. Dass das alles ja nun – er lacht schelmisch – auch wirklich genug und auserzählt sei.
Ja, er hat sich wirklich intensiv an seiner familiären Geschichte, seinem Aufwachsen in Armut, der Abwendung vom Milieu und an klassenbezogener Gewalt autofiktional abgearbeitet. Aber ich habe alle Bücher gelesen und kann nur sagen: Für mich war das kein Text zu viel, weil ein jeder diese Themen aus verschiedenen Perspektiven anschaut, diese an unterschiedlichen Personen spiegelt und immer einen neuen Erzählsound hervorbringt.
In „Der Absturz“ widmet sich Louis dem Leben und Sterben seines Bruders, der mit 38 Jahren plötzlich tot in seiner Wohnung aufgefunden wurde. Plötzlich, aber eben auch ein Tod auf Raten. Denn der fast 10 Jahre ältere Bruder erkrankte an seinen scheinbar unerreichbaren Wünschen, an einer dysfunktionalen Eltern-Kind-Beziehung, am Alkoholismus, am System.
„Manchmal habe ich das Gefühl, das Leben meines Bruders war nur ein Werkzeug im Dienst seiner Wunde, und die Frage lautet nicht, wie die Wunde entstanden ist, sondern warum die Welt ihm so viele Gelegenheiten geboten hat, sie zu vertiefen.“ (S. 57)
Der Erzähler stellt immer wieder fest: Er liebte seinen Bruder nicht, bei seinem Tod fühlte er nichts. Und dennoch umkreist er dessen Leben in 16 Fakten, listet mal sehr nüchterne, mal sehr emotionalisierende Bemerkungen über ihn auf, sucht die eigene Funktion im Erinnern an ihn. Stellt sich selbst dieses Mal in den Hintergrund, um seinen Bruder herauszustellen – den liebevollen Menschen und auch den gewalttätigen Mann. Und schafft ihm somit ein Andenken, das ja, kritisch beäugt, aber am Ende eben doch ein Akt der Liebe ist.
Ja, er hat sich wirklich intensiv an seiner familiären Geschichte, seinem Aufwachsen in Armut, der Abwendung vom Milieu und an klassenbezogener Gewalt autofiktional abgearbeitet. Aber ich habe alle Bücher gelesen und kann nur sagen: Für mich war das kein Text zu viel, weil ein jeder diese Themen aus verschiedenen Perspektiven anschaut, diese an unterschiedlichen Personen spiegelt und immer einen neuen Erzählsound hervorbringt.
In „Der Absturz“ widmet sich Louis dem Leben und Sterben seines Bruders, der mit 38 Jahren plötzlich tot in seiner Wohnung aufgefunden wurde. Plötzlich, aber eben auch ein Tod auf Raten. Denn der fast 10 Jahre ältere Bruder erkrankte an seinen scheinbar unerreichbaren Wünschen, an einer dysfunktionalen Eltern-Kind-Beziehung, am Alkoholismus, am System.
„Manchmal habe ich das Gefühl, das Leben meines Bruders war nur ein Werkzeug im Dienst seiner Wunde, und die Frage lautet nicht, wie die Wunde entstanden ist, sondern warum die Welt ihm so viele Gelegenheiten geboten hat, sie zu vertiefen.“ (S. 57)
Der Erzähler stellt immer wieder fest: Er liebte seinen Bruder nicht, bei seinem Tod fühlte er nichts. Und dennoch umkreist er dessen Leben in 16 Fakten, listet mal sehr nüchterne, mal sehr emotionalisierende Bemerkungen über ihn auf, sucht die eigene Funktion im Erinnern an ihn. Stellt sich selbst dieses Mal in den Hintergrund, um seinen Bruder herauszustellen – den liebevollen Menschen und auch den gewalttätigen Mann. Und schafft ihm somit ein Andenken, das ja, kritisch beäugt, aber am Ende eben doch ein Akt der Liebe ist.