Das traurige Leben eines Losers
In seinem neuen Roman schreibt Edouard Louis über das Leben seines neun Jahre älteren namenlosen Halbbruders aus der ersten Ehe seiner Mutter, der im Alter von 39 Jahren bewusstlos in seiner Wohnung aufgefunden wird. Der Bruder ist nicht mehr zu retten, die Geräte werden abgeschaltet. Der Autor hat seinen Bruder zu diesem Zeitpunkt fast 10 Jahre lang nicht mehr gesehen. Sie standen einander nicht nahe. Deshalb empfindet er auch keine Trauer, möchte eigentlich nichts mit der Beerdigung zu tun haben. Dennoch will er nun die Geschichte eines Mannes aufschreiben, der nie wirklich eine Chance hatte. Er stammt aus dem Arbeitermilieu in der Picardie, fing früh an zu trinken und Drogen zu konsumieren, beging schon als sehr junger Mann eine Reihe von Straftaten. Dennoch träumte er von beruflichem Erfolg und Reichtum, wollte erst der beste Metzger und dann der beste Maurer werden, der die größten Kathedralen restaurierte. Dass er seine Träume auch nicht ansatzweise verwirklichen konnte, lag an seiner prekären Ausgangssituation, aber auch an seinem unmäßigen Alkoholkonsum, durch den er jeden Job nach kurzer Zeit verlor. Hinzukam, dass er unter Alkoholeinfluss immer wieder ausrastete und gewalttätig wurde, auch gegenüber seinen Freundinnen. Dennoch erzählen gerade diese, dass der Bruder auch eine sehr liebenswerte, freundliche Seite hatte, die der Autor nicht kannte.
Louis stellt Fakten aus dem Leben des Bruders zusammen, gibt Interviews wieder, die zeigen, dass der Absturz unaufhaltsam war genauso wie der fortschreitende körperliche Verfall. Gegen sein Suchtverhalten kam er nicht an, zumal er sich nicht helfen lassen wollte, auch von den Menschen nicht, die es gut mit ihm meinten, und schließlich hatte er nur noch Angst vor jeder Form von Veränderung. Im Lauf seiner Nachforschungen erfährt Louis nicht nur vieles, was er nicht wusste. Er stellt sich auch immer wieder die Frage, ob er etwas hätte tun können oder sogar müssen.
Ich habe dieses Buch schnell und mit großem Interesse gelesen. Ich schätze Edouard Louis seit seinem Debütroman und kenne noch zwei weitere. Er wird zu Recht als einer der führenden Autoren seiner Generation betrachtet. Eine sehr lohnende Lektüre.
Louis stellt Fakten aus dem Leben des Bruders zusammen, gibt Interviews wieder, die zeigen, dass der Absturz unaufhaltsam war genauso wie der fortschreitende körperliche Verfall. Gegen sein Suchtverhalten kam er nicht an, zumal er sich nicht helfen lassen wollte, auch von den Menschen nicht, die es gut mit ihm meinten, und schließlich hatte er nur noch Angst vor jeder Form von Veränderung. Im Lauf seiner Nachforschungen erfährt Louis nicht nur vieles, was er nicht wusste. Er stellt sich auch immer wieder die Frage, ob er etwas hätte tun können oder sogar müssen.
Ich habe dieses Buch schnell und mit großem Interesse gelesen. Ich schätze Edouard Louis seit seinem Debütroman und kenne noch zwei weitere. Er wird zu Recht als einer der führenden Autoren seiner Generation betrachtet. Eine sehr lohnende Lektüre.