ganz nah dran und so weit weg

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aurelia23 Avatar

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Bin erst recht spät auf den Edouard Louis Zug aufgesprungen nämlich mit dem Erscheinen diverser Theaterfassungen seiner Romane.
Erst "Die Freiheit einer Frau", dann "Das Ende von Eddy" gefolgt von "Monique bricht aus" und nun die tatsächlich erste Lektüre.

Was soll ich sagen, Louis kann ganz wunderbar schreiben und in schriftlicher Form wirkt die Sprache geschmeidiger und einfühlsamer als auf der Bühne (vermutlich da man so die entscheidenden Passagen nochmal lesen kann).
Die Figuren brauchen nicht lange um vor dem inneren Auge aufzuziehen - sein namenloser Bruder ist ein zunehmend verlotterndes Scheusal, keine Frage. Und trotzdem kommt man ihm beim Lesen immer auch wieder näher und erkennt einen verletzten und vielleicht sogar hochsensiblen Menschen dem im Leben wenig gutes widerfahren ist.
Im Film oder auf der Bühne würde ich mich vermutlich ekeln vor diesem Mann, beim Lesen wage ich mich ganz nah heran (so nah wie es die Perspektive seines entfremdeten Bruders eben zulässt.
Großartig, der Hype um Edouard Louis ist gerechtfertigt.