Der andere Schwede

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Der Kriminalroman von Peter Mohlin& Peter Nyström hat mit „Der andere Sohn“ – im Original „Det sista livet“ eine schlechte Übersetzung, „The Bucket List“ in der amerikanischen Ausgabe ist nicht besser.

Ein Undercover-Einsatz des FBI-Agenten John Adderley endete schwer verletzt in einem Krankenkaus in Baltimore. Die nigerianische Drogenmafia, die er ausspionieren sollte, kam ihm auf die Schliche und das „Bandenmitglied“ Abaeze/Trevor setzte ihm den finalen Todesschuss. John überlebte und genau dieser liegt im Krankenhaus neben ihm. Trevor ist jedoch ebenfalls ein Undercoveragent. John macht seine Zeugenaussage im Prozess gegen die Drogenmafia, erhält Zeugenschutz und wählt ausgerechnet Karlstad in Schweden als sein Fluchtdomizil. Mit voller Absicht lässt er sich zu eine Cold Case-Einheit versetzten, die ein Verschwinden eines Mädchens vor zehn Jahren aufklären soll. Der Verdächtige ist sein Halbbruder Billy. Er möchte faire Ermittlungen.

Dass die Cold Case-Ermittlungen Erfolg haben werden steht außer Zweifel. Genüsslich legen die Autoren verschieden Spuren, und nachdem der Leser seinen Hauptverdächtigen gefunden hat, muss er seine Festlegung bald wieder revidieren. Breites Feld nehmen die Charaktere und das Leben der Oberklassefamilie Bjurwall ein. Heimer, verachteter und betrogener Schlapp-Ehemann/Vater/Schwiegersohn, die verschwundene Emelie, die nymphomane und drogensüchtige Tochter und Sissela, Ehefrau, Mutter und Masterin des Universums. Die polierten Edel-Fassaden beginnen zu bröckeln.

Es tun sich menschliche Abgründe auf und viele Geheimnisse, die erst ganz allmählich aufgeklärt werden. Das fesselt den Leser und der Spannungsbogen wird auf sehr hohem Niveau gehalten, mit dem Kulminationspunkt am Ende.

Im Ganzen ein durchschnittlicher Thriller, für das Debütwerk der beiden Peter sehr routiniert geschrieben, unverkennbar die Handschrift eines Drehbuchautors, der gewiss bereits an eine Verfilmung gedacht hat, nach dem Hype um diesen Roman. Die Figuren sind gut gezeichnet, selbstredend John Adderley und Heimer. Aber nicht nur die, sondern das Leben der schwedischen Upperclass und einem H&M-affinen Unternehmen. Der Roman spielt überwiegend in Karstad, wo beide Autoren aufgewachsen sind, was dem Roman eine gewissen Authentizität verleiht. Clever wie die beiden sind, haben sie „Der andere Sohn“ als Band 1 der „John Adderley“-Serie apostrophiert, eine Fortsetzung ist also garantiert. Damit die beiden Autoren auf eine Stufe mit Henning Mankell und Jo Nesbø gestellt werden können, haben die beiden noch einen sehr weiten Schöpfungsweg zu absolvieren.