Ein modernes Märchen

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hasirasi2 Avatar

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Cover: Das Buch besticht durch ein sehr schönes zurückhaltendes Cover. Vor einer in Lila- und zarten Blautönen gehaltenen Moschee ist ein Elefant als goldener Prägedruck abgebildet – es wirkt sehr edel.

Inhalt
Um 1540 fährt der 12jährige Jahan auf einem Schiff von Indien nach Istanbul, um dem Sultan einen weißen Elefanten als Geschenk des Schahs zu überbringen. Bald wird dem Leser klar, dass er eigentlich gar kein Mahout (Elefantenführer) ist, sondern nur seine Chance genutzt hat, um dem brutalen Stiefvater zu entkommen. Doch er freundet sich mit dem Elefanten Chota an und kann so seine Stellung am Hofe des Sultans sichern und im Geheimen auch das Herz von dessen Tochter Prinzessin Mihrimah erringen.
Bei einem Feldzug lernt Jahan den Architekten Sinan kennen und hilft ihm zusammen mit Chota eine Brücke zu errichten. Ab diesem Zeitpunkt sind Jahans und Sinans Schicksale eng miteinander verwoben, er steigt erst zu seinem Helfer und später dann zu seinem Schüler auf.

„Der Architekt des Sultans“ erzählt die Geschichte des berühmtesten osmanischen Architekten Mimar Sinan. Dieser stirbt erst im hohen Alter von 99 Jahren und hat zu Lebzeiten fast 500 Bauwerke errichtet. Aber er hat nicht nur Freunde sondern auch sehr viele Neider, der Irrglaube ist weit verbreitet und behindert ihn immer wieder bei seiner Arbeit.

Mein Eindruck:
Man lernt Sinan aus Sicht seines Schülers und Bewunderers Jahan kennen. Dessen Geschichte ist ein bisschen wie ein modernes Märchen. Eben noch flieht er vor seinem brutalen Stiefvater und überlebt auch die Überfahrt nach Istanbul nur knapp und im nächsten Moment ist er ein angesehener Elefantenführer und steigt später zum gefeierten Meisterschüler auf. Der Leser erlebt mit ihm zusammen grausame Kriegszüge und üppige Festmahle und lernt die damaligen Gepflogenheiten kennen.
Elif Shafak verwendet eine sehr wortgewaltige Bildsprache und schafft es, die verschiedenen Stimmungen gut rüber zu bringen.
Das Buch ist einen interessante Milieustudie, die mich aber leider nicht durchgängig fesseln kann, weil sie zum Teil doch extrem langatmig ist.
Mich stört auch die Handhabung der Fremdwörter etwas. Einige werden sofort erklärt, andere erst am Ende. Da hätte ich mir eine einheitliche Lösung gewünscht.
Alles in allem ist es aber ein interessanter Roman, der dem geneigten Leser das Osmanische Reich im 16. Jahrhundert auf eine sehr interessante Art und Weise näher bringt.