Eine Reise ins Istanbul des 16. Jahrhunderts

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mrsamy Avatar

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Das Osmanische Reich im 16. Jahrhundert: Jahans Kindheit ist alles andere als wohl behütet. Seinen Vater hat er nie kennengelernt, wohl aber seinen Onkel, der bald schon sein Stiefvater wird und Kriegselefanten züchtet und ausbildet. Der Onkel schlägt seine Mutter, die wenige Jahre später stirbt. Trost gibt Jahan nur eine trächtige Elefantendame, die einen ungewöhnlich weißen Elefantenbullen – Chota – gebären wird. Mit ihm reist Jahan nach Istanbul und wird er – obwohl er eigentlich gar keine Ahnung von Elefanten hat – Mahut und darf in der Menagerie des Sultanspalasts bleiben. Irgendwann lehrt er Sinan kennen – den Hofarchitekten. Er erkennt, dass Jahan Talent hat, und macht ihm zu einem seiner vier Schüler. Fortan wird Jahan an der Entstehung vieler Bauwerke mitwirken und sein Wissen enorm erweitern. Doch egal wieviel Wissen er erlangt, so bleibt die Liebe für ihn unerreichbar. Denn nur Mihrimah lässt sein Herz höher schlagen – die Tochter des Sultans Süleyman und damit unerreichbar für Jahan.

„Der Architekt des Sultans“ von Elif Shafak entführt ins Istanbul des 16. Jahrhunderts. Der Hauptcharakter Jahan kommt in jungen Jahren in die Metropole am Bosporus und der Leser hat Teil an seinem Leben, das vor allem durch den Elefanten Chota und die Arbeit für den Hofarchitekten Meister Sinan bestimmt wird. Mitunter muss Jahan mit seinem Elefanten an Feldzügen teilnehmen, wird Zeuge von Intrigen bei Hofe oder rätselt über mysteriöse Unfälle beim Aufbau einiger architektonischer Meisterwerke. Leider kann man bei „Der Architekt des Sultans“ nicht wirklich von einer Handlung sprechen. Der Verlauf bleibt sehr an der Oberfläche und keinem Ereignis wird wirkliche Aufmerksamkeit geschenkt. Das fällt allerdings lange nicht auf. Der Schreibstil der Autorin – und die Leistung der Übersetzerin – ist bemerkenswert. Die Seiten fliegen nur so dahin, das Lesen ist ein Genuss – bis man merkt, dass es keine echte Handlung gibt. Darunter leiden auch die Charaktere, die sich kaum weiterentwickeln. Und so ist man irgendwann völlig erstaunt, dass Jahan bereits ergraut, obwohl man ihn noch immer für den Jungen hält, der erst kürzlich nach Istanbul mit dem Schiff kam. Erst auf den letzten 100 Seiten wird konsequent an einem Handlungsstrang festgehalten, ja sogar noch einige Ungereimtheiten gelöst. Diese Auflösung bestimmter Vorfälle wirkt zu diesem Zeitpunkt jedoch sehr erzwungen und mag nicht ganz zum Rest des Romans passen, der immer nur von einem Ereignis zum nächsten springt, ohne tiefergehend an einer Stelle zu verweilen. Letztlich ist es ein angenehm zu lesendes Buch, das aber ungeheuer viel Potenzial verschenkt hat. Ich würde gerne 3,5 Sterne vergeben, da dies aber nicht möglich ist, runde ich auf vier auf.