Verschiedene Perspektiven auf das Leben

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riraraffi Avatar

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Linda ist 15 und hat mit Hubert eine Gemeinsamkeit: Tag für Tag leben, nicht über die Zukunft nachdenken, aber aus unterschiedlichen Gründen. Denn Hubert Reichl, der über 80-Jährige Nachbar von Linda wäre laut ihrer Aussage der Klassenbeste im dement sein. Und Linda hätte am liebsten keine Zukunft, regelmäßig denkt sie über Suizid nach, in der festen Überzeugung, das alle anderen danach ein besseres Leben führen würden.
Nur bei Hubert sind ihre Geheimnisse sicher. Sie hat noch einen jüngeren Kevin, der sich täglich über die menschengemachten Krisen der Welt informiert, aber der ist damit schon ziemlich ausgelastet.

Was diesen Roman so besonders macht sind die Verschiebungen auf verschiedenen Ebenen.
Irgendwie geht es um den dementen Hubert, den klinischen Umgang mit Demenzpatient*innen in der Gesellschaft, seine Behandlung. Eine Herzensfigur ist die polnische Pflegerin Ewa, ihre Hingabe ehrt die Arbeit von Pflegepersonal, ihre Abwesenheit macht sich sofort bemerkbar. Irgendwie ging's dann um die ungelebten Leben, Ewa, die ihre "bessere Hälfte" noch sucht, Linda, die ihr eigenes Leben als nicht lebenswert empfindet, und Kevin, der vor lauter Wissen das Leben nicht mehr genießen kann. Und dann ist da noch Hubert, der zwar kaum Erinnerungen an sein langes Leben hat, aber noch weiß, dass in seiner Zeit als Bademeister nie ein Kind ertrunken ist. Die Verschiebungen erstrecken sich bis hin zu Lindas Lebenswillen, der sich mal stärker, mal schwächer zeigt.

Der Roman handelt also von weit mehr als nur von Demenz, Hubert und Linda. Er fängt die vielen Zwischentöne des Lebens ein und zeigt es aus einer ungewöhnlichen Perspektive: von jemandem, der nicht leben will, und jemandem, der sich an sein Leben kaum noch erinnert.