Ein Leben, bunt wie Cocktails

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emmmbeee Avatar

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Mir sagte der Name vor dem Lesen zwar nichts (was nichts heißen soll), doch Frank Meier muss ein berühmter und beliebter Barmann gewesen sein. Über Amerika und nach den Schützengräben des Ersten Weltkrieges tritt er mit 37 Jahren das erste Mal über die Schwelle des Pariser Hotels Ritz.
Der Junge aus kleinsten osteuropäisch-jüdischen Verhältnissen hat die Angst längst kennengelernt, und sie begleitet ihn auch noch durch die Zeit des Zweiten Weltkrieges, als er immer noch die Seele der Ritz Bar ist. Immer wieder muss Meier in seinem Leben neu anfangen, versuchen zu überleben, und gerade während der deutschen Besatzung in Paris vollführt er einen Drahtseilakt nach dem anderen. Er wird unfreiwillig Zeuge von Gesprächen, die nicht für seine Ohren bestimmt sind – und er ist Jude. Gleichzeitig kommt neben den NS-Granden viel interessante Prominenz an seine Bar.
Zahlreiche Fotos am Ende des Buches illustrieren das Erzählte. Philippe Collin vermischt in seinem Werk geschickt Fiktion mit Wahrheit, sobald authentisches Erzählen nicht möglich ist. So serviert er dem Leser immer wieder „Tagebuchausschnitte“ von Frank Meier, die viele Situationen erhellen und erklären und die durchaus der Wahrheit entsprechen könnten.
Das stimmt aber so nicht, denn das sind sie keineswegs. Ein Tagebuch ist ein fortlaufend ergänztes Journal. Diese Teile des Romans sind zwar in der Ich-Form gehalten, sie sind jedoch reine Rückblicke in Meiers Anfänge, in sein früheres Leben. Hier hätte ich mir mehr Sorgfalt gewünscht, aber vielleicht liegt es an der Übersetzung.
Mich jedenfalls hat fasziniert, was für ein vielseitiges Leben Philippe Collin aus den Buchseiten erstehen lässt. Der Roman ist von Beginn an sehr spannend, farbig und prickelnd, wie die Cocktails es wohl gewesen sein müssen, welche der berühmte Barmann kreiert hat.