Ein Leben voller Wandlungen

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rebekka Avatar

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Was für ein Leben! Geboren 1884 als Sohn armer jüdischer Weber aus Österreich-Ungarn, arbeitet sich Frank Meier mit Fleiß und unbändigem Willen zum Erfolg nach oben. Im Grand-Hotel Ritz in Paris macht er sich einen Namen als Barkeeper, ist bei der Hautevolee beliebt – und dann besetzen 1940 die deutschen Truppen die französiche Hauptstadt. Meiers Bar wird zum Treffpunkt von Nazis, Kriegsgewinnlern, Gesellschaftsdamen und Kollaborateuren, und den Mann hinter der Theke treibt die Angst um, dass man ihn als Juden entlarvt.

Philippe Collin beherrscht die Kunst, dank distanzierender Schreibweise den Leser vergessen zu lassen, dass er es nicht mit einer Biografie, sondern mit einem Roman zu tun hat. Er stellt dieses Leben voller Wendungen abwechselnd als Bericht und als Tagebuch vor, aber wenn man genau hinschaut wird klar, dass das sogenannte „Tagebuch“ wohl nicht von Meier selbst verfasst wurde. Und ob die angeführten Dialoge und Gedanken des Barkeepers genau so stattgefunden haben, ist ebenso fraglich wie die Obsession Meiers für die morphiumsüchtige, schöne Frau seines Chefs oder seine Rolle als Nachrichtenvermittler der in Frankreich stationierten Hitler-Attentäter. Die Originalbilder und die weiterführenden Biografien vieler handelnder Personen am Ende des Romans geben der Geschichte um den berühmten Barmann aber noch mal einen authentischen Touch.

Das Buch endet mit dem Einmarsch der Amerikaner in Paris 1944. Was dann folgt, verliert sich im Dunkel der Geschichte. Wurde Meier tatsächlich wegen „betrügerischer Aktivitäten“ aus dem Ritz entlassen? Verlor er danach seinen ganzen Lebensmut und wurde krank? Sicher ist nur, dass er drei Jahre nach der für ihn so glücklichen „Befreiung“ 1947 starb. Es hätte ihn sicher gefreut, dass sein Buch: „The Artistry of mixing Drinks“ auch heute noch zu kaufen ist.