Eine Frage des Überlebens oder schon Kollaboration ?

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Wer kennt nicht das berühmte Pariser Hotel Ritz, ein Ort der Eleganz und Dekadenz , um den sich viele Mythen ranken. Und wie in jedem anderen Hotel ist auch hier die Bar der Mittelpunkt, wo sich Menschen aller Couleur treffen. Das ist das Reich von Frank Meier, Kind armer Leute aus Österreich. Er hat den Sprung über den Ozean gewagt, wird ein berühmter Barmann und sieht seinen Traum erfüllt, als er die Bar im Ritz übernimmt.
Das ist nur die eine Seite der Geschichte, denn Maier ist Jude und Paris ist von den Nazis besetzt. Und er ist nicht der einzige, der ein Geheimnis verbirgt, das den Tod oder zumindest einen längeren Gefängnisaufenthalt bringen kann. So macht Maier, was er immer gemacht hat und was er beherrscht wie kein anderer. Er gibt den perfekten Gastgeber und bebt innerlich vor Angst vor einer möglichen Entdeckung. So tritt er den wichtigen Personen der Nazibesatzung gegenüber, denn das Ritz dient ihnen als Hauptquartier. Ohne es zu wollen, wird er in ihre Machenschaften hineingezogen und um sich und andere zu schützen, kooperiert er. Am Tag der Befreiung stellt Maier sich die Frage, ob als Kollaborateur angeklagt werden wird. Er hadert mit sich selbst, wirft sich vor, dass er feige war und hätte Widerstand leisten müssen.
Der Roman liest sich interessant und in weiten Teilen unterhaltsam, weil die Bar ein Ort außerhalb der Realität zu sein scheint. Man lernt einige der Nazigrößen von einer eher privaten Seite kennen. Überraschenderweise hatten einige auch sympathische Züge und man konnte fast vergessen, dass sie für unzählige Tote verantwortlich waren. Was hätten sie wohl gesagt, wenn sie gewusst hätten, dass sie sich vertraulich mit einem Juden unterhalten ? Maier versucht, nicht aufzufallen, ist geradezu devot. Nur die Gedanken sind frei und bieten Raum für seine Angst und seine Abscheu gegenüber sich selbst, weil er die, die er liebt, nicht schützen kann. Was so nicht stimmt, denn er nimmt durchaus Risiken auf sich, um zu helfen. Ich stelle mir den Druck, unter dem Maier stand , unmenschlich vor. Was ich nicht völlig nachvollziehen konnte, waren seine Selbstvorwürfe. In meinen Augen hat er das getan, was viele andere auch getan haben, er hat versucht zu überleben. Nicht jeder ist , zum Helden geboren.
Gut gefallen und für mich ein gelungener Abschluss, der Autor endet das Buch mit Bilder der historischen Personen und gibt Auskunft über ihr weiteres Schicksal.