geschichte trifft belletristik auf eine sehr schöne weise

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blätterwald Avatar

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„Der Barmann des Ritz“ basiert auf Tatsachen und ist der erste Roman von Philippe Collin.
Eines muss man dem Buch lassen, es hätte noch umfangreicher sein können, das hätte mich nicht gestört. Es hat sich sehr flüssig gelesen, was man schon mal als Pluspunkt für diesen Roman sehen kann. Allerdings, so meine Auffassung, ist es nun nicht die große Literatur, sondern sehr gute Unterhaltung. Und das soll jetzt nicht abwertend klingen. Nur möchte ich keine Erwartungen wecken, die nicht erfüllt werden.
Am Ende des Buches werden sämtliche Persönlichkeiten noch einmal umrissen und wie es ihnen nach dem Endes des Krieges erging. Das fand ich sehr informativ und hat mir noch mal geholfen, dass ganze Gelesene einzusortieren. Manchmal dachte ich schon, es sei sehr viel Fiktion mit im Spiel. Aber dem ist nicht so, außer natürlich, dass der Autor den Roman und die Figuren so geschrieben hat, wie er es meinte und es seine Recherchen hergaben.
Was mir an diesem Roman sehr gefallen hat, war die Atmosphäre, ich habe mich beim Lesen oft in diese dunkle Zeit hineinversetzen können und gerade, wenn es spannend wurde, sehr schnell gelesen, weil ich wissen wollte, wie es weitergeht. Frank Meier als Protagonist kommt aber nicht so mehrdimensional rüber, wie ich es mir gewünscht hätte. Er ist trotz allem eine Figur, die zwar scheinbar das Heft des Handelns in der Hand hat, aber der eher passiv lebt, seit seinen Erlebnissen im Ersten der beiden Weltkriege. Der Autor hat es immer wieder erklärt, aber gerade das Verhältnis mit seinem Sohn kommt mir seltsam dünn gezeichnet vor, aber das sind meine Eindrücke.
Ansonsten liest es sich wie das Who is Who der damaligen Zeit und es ist schon erstaunlich, was da alles so in dem ehrwürdigen Hotel passiert ist. Nicht nur die Nazi Elite hat es sich seinerzeit es da gut gehen lassen. Und hier liegt die Stärke des Buchs für mich. Wo der Autor meines Erachtens ein paar Probleme mit seinen Figuren hat, schafft er eine Atmosphäre, dass man beim Lesen das Gefühl hat, live dabei zu sein.
Sprachlich ist der Roman sehr eingängig, überfordert nicht und ist sehr bildreich. Mit wenigen Worten wird oft sehr viel gesagt, was mir sehr entgegenkommt. Beim Lesen schmeckt man oftmals die Cocktails, die Meier zusammenmischt. Und riecht den Rauch der Zigarren und Zigaretten. Und nebenbei gibt es jede Menge Geschichtsunterricht, auch wenn vieles nur angerissen werden kann. Es ist eben in erster Linie Belletristik und kein Sachbuch. Schade nur, dass das Ende so wenig Beachtung findet, oder vielmehr, in meinen Augen schneller abgearbeitet wird.
Alles in allem eine sehr anregende Lektüre, eine spannende Unterhaltung. Und ein etwas anderer Blick auf die Zeit der Besatzung und wie die Franzosen es erlebt haben und mit der Zeit gelebt hatten, jeder auf seine Art und Weise. Wird vielleicht nicht die großen Literaturpreise abräumen, aber mehr als lesenswert.