Auf der Jagd nach sechs Blumen (und der Liebe) um die Welt

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Die Erinnerungen anderer Menschen sind niemals deine eigenen, egal, wie sehr du davon überzeigt bist, dass sie es sind. Aber man kann sie trotzdem teilen."


Peter: New York, 1983. Peter Manyweathers lebt ein unspektakuläres Leben ohne wirkliche soziale Kontakte. Als ihm in einer Bibliothek ein alter Liebesbrief in die Hände fällt, begibt er sich auf die Suche nach den sechs Blumen, die darin aufgelistet sind. Er weiß noch nicht, dass er dafür um die ganze Welt reisen wird.
Dove: Den jungen, einsamen Mann plagen in unserer Gegenwart die Erinnerungen eines anderen - doch diese werden für ihn wichtiger als das eigene, triste Leben.
Professor Cole: Im Magen eines Wals findet der Professor einen lange verschollenen Flugschreiber und hilft damit, ein Flugzeugunglück aufzuklären. Das verhilft ihm zu ungewollter Berühmtheit.
Drei Männer, drei Leben, die alle miteinander verwoben sind.

David Whitehouse ist ein Meister der ungewöhnlichen Situationen und Menschen. Wer hat schon mal ein Buch gelesen, dessen erste Szene sich am Grund des Meeres in einem von der Außenwelt abgeschnittenen U-Boots abspielt? Ich jedenfalls nicht. Auf den ersten paar Seiten lernt man so den im Angesicht des Todes bangenden Professor Cole, einen der drei Protagonisten, besser kennen, als es in einem ganzen Roman möglich gewesen wäre. Die Berufe der beiden anderen Hauptfiguren sind nicht weniger sonderbar: Dove ist Telefonist bei der Krankenwagen-Hotline in London und bekommt die merkwürdigsten Geschichten zu hören, Peter reinigt die Wohnungen von vereinsamten Menschen, die nach ewiger Zeit tot darin aufgefunden wurden. Ein wahrer Ekel-Job. So schafft Whitehouse ein Symposium des Skurrilen, des Absonderlichen, das mich sofort mitgerissen hat.

So mysteriös der Klappentext zunächst klingt, so schnell klären sich die Verknüpfungen der Lebensgeschichten letztendlich. Das tut der Geschichte allerdings keinen Abbruch, denn sie ist von einem so außerordentlichen Zauber und einer so erstaunlichen Spannung, dass man Vorhersehbarkeit gerne mal verzeiht. Insbesondere bei Peters Handlungsstrang, der auch den Hauptteil des Buches ausmacht, habe ich mitgefiebert, denn ein guter Freund erweist sich schließlich als gefürchtete Bedrohung. Die Thematik rund um die Blumen war so wunderbar mit der Weltreise und der Liebesgeschichte verknüpft, dass ich mich auch regelrecht in diese sechs einzigartigen Pflanzen verliebt habe.

Selten habe ich außerdem eine so zarte, so authentische Liebesbeziehung mitverfolgt wie die zwischen Peter und Harum. Ich habe Peter von Herzen gewünscht, dass das Leben und die Liebe es gut mit ihm meinen, und habe so sehr mit ihm gelitten. Peter ist ein wunderbarer Mensch, den man sich als Freund oder sogar Partner an seiner Seite wünschen könnte. Ich habe mitgefiebert, mitgelitten, mitgeliebt. Was muss ein Buch sonst noch bewirken?

David Whitehouse hat mit "Der Blumensammler" ein herrliches Buch geschaffen, das mitten ins Herz trifft und sich mit seiner melancholischen Stimmung tief ins Gedächtnis gräbt. Die wechselnden Perspektiven sorgen für Spannung, wobei keiner der Männer zu kurz kommt - und auch wenn letztlich vorhersehbar war, wie die Schicksale der Männer zusammenhängen, so war dieses Buch für mich dennoch eine Entdeckung und ein unheimliches Lesevergnügen.