Der Schmetterlingseffekt

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marialein Avatar

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„Der Blumensammler“ nimmt den Leser mit auf eine Reise rund um die Welt – und zeigt ihm dabei, wie verstrickt unsere Schicksäle doch sein können, ohne dass wir das ahnen.

Da wäre zum einen Professor Jeremiah Cole, der als junger, frisch verliebter Student in Bibliotheksbüchern Liebesbriefe an seine Angebetete versteckt und mit seinen angeblichen Botanikkenntnissen prahlt. Jahre später entdeckt er als glücklich verheirateter, aber allgemein griesgrämiger Meeresforscher die Blackbox des „vergessenen Flugs“ PS570. Obwohl er damit erheblich zur Aufklärung dieses Mysteriums beiträgt, hält sich seine Freude über die unverhoffte Berühmtheit in Grenzen…

Dann wäre da der junge Dove, der mit seinem Leben nicht so recht klarkommt. Er führt ein zurückgezogenes Dasein in London, grübelt über seine leiblichen Eltern nach, die er für all sein Unglück verantwortlich macht. Doch immer wieder dringen Erinnerungsfetzen in sein Bewusstsein, die unmöglich die eigenen sein können. Nach und nach erinnert er sich an den Blumensammler Peter Manyweathers, der auf der Suche nach seltenen Blumen durch die ganze Welt gereist ist.

Eben dieser Peter Manyweathers ist der dritte Charakter, dessen Schicksal der Leser kennen lernt. Er lebt davon, die Wohnungen von lange Verstorbenen zu reinigen und erwartet ansonsten nicht viel vom Leben. Doch dann findet er einen Liebesbrief in einem Bibliotheksbuch, in denen sechs Blumen aufgezählt sind, die die unsterbliche Liebe des Schreibers symbolisieren sollen. Hier deutet sich schon an, wie die Schicksalsfäden zweier Protagonisten verbunden sind. Doch das Geflecht ist komplexer, als der Leser das zu diesem Zeitpunkt ahnen kann.

Dove erinnert sich etappenweise an die verschiedenen Stationen auf Peters Reisen durch die Welt und was er bei seiner Jagd auf seltene Blumen erlebt. Was nach einem harmlosen, wenn auch etwas ausgefallenen, Hobby klingt, ändert Peter Leben von Grund auf. Er lernt sowohl Angst und Tod kennen als auch, zum ersten Mal im Leben, die große Liebe.

Wer ein paar interessante Abenteuer auf der Suche nach niedlichen kleinen Blümchen erwartet hat, wird von den dramatischen Ereignissen überrascht sein, die Peter erwarten. Gefahren lauern nicht nur auf dem Weg und von seinen Weggefährten, sondern sogar von den Blumen selbst. Wie im wirklichen Leben sind auch hier schöne und schreckliche Erlebnisse nah beieinander. Und so wie die Todesblume für den einen unsterbliche Liebe symbolisiert, so kann sie für andere Unglück und gar den Tod bedeuten…

So berührend das Erzählte dargestellt ist, so weit hergeholt erscheinen aber auch manchmal die Verwicklungen, die hier beschrieben sind. Das ist jedoch keineswegs eine Schwäche – schließlich ist doch das wahre Leben auch voller unerwarteter Wendungen und eine kleine Geste kann das Schicksal komplett in eine andere Bahn lenken. Der Unterschied ist, dass einem das in seinem eigenen Leben gar nicht bewusst wird, während der Leser von außen Zusammenhänge erkennt, die den Protagonisten verborgen bleiben.

Nicht nur inhaltlich berührt einen die Geschichte, die so fantastisch und doch so nah am Leben ist, sondern auch erzählerisch gelingt es dem Roman, den Leser auf Anhieb mitzureißen. Die verschiedenen Handlungsstränge greifen so geschickt ineinander, dass die Puzzleteile nach und nach ein stimmiges Bild ergeben.

Ein sehr gelungener Roman über die Bedeutung der Erinnerungen und der kleinen Gesten, die so viel verändern können. Sehr empfehlenswert.