Plastinierte Überraschungen

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rosenfreund Avatar

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Die beiden Co-Autoren Kester Schlenz und Jan Jepsen sind in Hamburg, meiner Heimatstadt, aufgewachsen. Es ist ihnen gelungen, ein so tolles Buch über Hamburg, mit viel Lokalkolorit, aber auch Kritik z. B. an der Kreuzfahrtindustrie, der Umweltverschmutzung und dem Kapitalismus zu schreiben. Der Leser erhält interessante Einblicke in die Welt des Hamburger Hafens und die Schifffahrt. Besonders gefällt mir der ehemalige Kapitän und Lotse a. D. Oke Andersen, ein wundervoller, teils antiquierter Charakter, mit vielen Ecken und Kanten, der voller Scharfsinn und Sarkasmus seinem Freund, Kommissar Knudsen, mit wohldurchdachtem Rat zu Seite steht. Aber auch Kommissarin Dörte und der grummelige Kommissar Knudsen sind bunte Figuren, wobei man sich aber auch so mancher Vorurteile bedient hat.
Das düstere Cover mit der Hafenszenerie führt perfekt in die Thematik ein, aber auch die genau beschriebene Plastination von Leichen schafft einen Gruselfaktor.
In diesem Krimi wird in einem sehr makaberen Fall ermittelt, denn man hat es mit einem Serientäter zu tun, der professionell plastifizierte Leichen an wichtigen Stellen in Hamburg zur Schau stellt. Ist er ein Egomane mit unterdrücktem Geltungsdrang?
Neben einfacher Beschreibung gibt es immer wieder actiongeladene, spannende Szenen in lebendigem, lockerem und bildhaftem Schreibstil voller Ironie und Sarkasmus. Neben der Erzählebene der unterschiedlichen Protagonisten, gibt es noch eine weitere Erzählebene, beginnend Anfang der 70er Jahre, die in einer anderen Schrifttype gedruckt ist. Wer wohl dahinter steckt? Der Nordicfaktor wird toll verstärkt durch die Morsezeichen, welche den Kapiteln der Kriminalhandlung als Überschrift dienen. Der Spannungsbogen bleibt erhalten und führt zu einem überraschenden Ende.
Ich mus sagen, wir haben hier einen tiefgründigen Krimi voller Scharfsinn und skurrilem Charme. Dem Co-Autorenduo ist ein flottes Erstlingswerk geglückt, das ich uneingeschränkt empfehlen kann. Ich freue mich schon auf das nächste Werk der beiden.