Familie in der Krise

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gkw Avatar

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Die Ehe von Rahel und Peter ist "in die Jahre" gekommen und zeigt deutliche Abnutzungsspuren. Eine gewisse Sprachlosigkeit ist entstanden, Leidenschaft und Erotik gibt es auch nicht mehr. Rahel möchte im Urlaub eine Annäherung versuchen, doch am Tag vor Start in den Urlaub brennt das gebuchte Ferienhaus ab. Statt dessen fahren sie in die Uckermark, um das Haus von Freunden und deren Tiere zu hüten. Doch statt miteinander ins Gespräch zu kommen, entzieht sich Peter. Dann erhalten sie Besuch ihrer erwachsenen Kinder und die Probleme werden nicht weniger.

KOMMENTAR
Drei Wochen verbringt das Paar in der Uckermark und wir begleiten sie dabei, jedem Tag ist ein Kapitel gewidmet. Zwar ist Rahel keine Ich-Erzählerin, doch es wird alles aus ihrer Perspektive erzählt, so dass wir auch das Verhalten und die Äußerungen ihres Mannes und der Kinder durch den Filter ihrer subjektive Bewertung sehen.
Rahel ist Psychotherapeutin, Peter Literaturwissenschaftler, ihre Ehe ist zu einem Nebeneinander geworden, ein Miteinander gibt es kaum noch. Für eine Psychologin hat Rahel erstaunlich geringe Fähigkeiten zur Empathie im familiären Umfeld und auch kaum Bereitschaft, eigene Fehler zu sehen. Ihrer Tochter wirft sie Ichbezogenheit vor, aus meiner Sicht trifft das auf sie ebenso zu.
Peter zieht sich aus der Ehe und auch aus der Gesellschaft zurück und scheint auch nicht bereit, dies im Urlaub zu ändern.

Schrittweise kommen Probleme ans Tageslicht, doch es sind weit mehr als nur die Probleme des Paares. Rahel hat keine wirkliche Beziehung zur Tochter, sie empfindet sie als nervig und anstrengend. Der Sohn wurde bevorzugt, aber nun ist man nicht mit seiner Berufswahl einverstanden. Und dann gibt es auch noch das Nicht-wirklich-Zurechtkommen mit der sich verändernden Gesellschaft und das eigene Älterwerden.

Die Personen sind sehr authentisch und glaubwürdig auch mit ihren negativen Seiten beschrieben. Alles ist sehr gut beobachtet und knapp und klar in emotionsfreien Sätzen geschrieben.

Ich habe es gerne gelesen, aber es hat mir auch einiges nicht gefallen.
In das Buch wurden viele aktuelle Themen gepackt: Klimadebatte, Corona, Gendern, bedürfnisorientierte Erziehung, Querdenken, Social Media Shitstorm. Diese Themen wurden aber nur kurz und oberflächlich gestreift, das hat aus meiner Sicht dem Buch mehr geschadet als genutzt.

Die vorrangigen Themen sind Beziehungsprobleme durch Sprachlosigkeit, Schweigen und das Gefühl, nicht verstanden zu werden. Ergänzt wird dies durch Schwierigkeiten mit dem Älterwerden, Probleme in der Eltern- Kind-Beziehung und gesellschaftliches Unbehagen.

Insgesamt interessant und gut lesbar, aber für mich hatte es auch Mängel und ist dadurch schwächer als z.B: "Die Liebe im Ernstfall".