Szenen einer Ehe

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Daniela Krien hat mich schon 2019 mit ihrem Roman „Die Liebe im Ernstfall“ begeistert. Sie versteht es, Geschichten zu erzählen, sie besitzt unglaublich viel Einfühlungsvermögen, ihre Charaktere besitzen Tiefgang und haben Ecken und Kanten. Sie zeichnet sie facettenreich, ohne zu urteilen und mit viel Ehrlichkeit. Darauf war ich auch in ihrem neuen Roman gespannt.
Erzählt wird die Geschichte eines Ehepaares, Rahel und Peter. Sie sind seit vielen Jahren verheiratet, haben zwei erwachsene Kinder, die Tochter früh Mutter geworden, leidenschaftlich und etwas verpeilt, der Sohn auf dem Weg, Berufssoldat zu werden. Rahel ist Therapeutin, Peter Professor für Literaturwissenschaft an der Uni. Für den Sommerurlaub haben sie eine schöne Hütte gebucht, doch kurz vor dem Urlaub erfahren sie, dass genau ihre Hütte abgebrannt ist. In Zeiten der Pandemie ist es unmöglich etwas Vergleichbares noch kurzfristig zu finden. Da meldet sich Ruth, eine alte Freundin der verstorbenen Mutter Rahels, die jemand sucht, der sich um Haus und Tiere kümmert, während sie ihrem Mann, der einen Schlaganfall hatte, zur Reha begleitet. Rahel sagt zu. Drei Wochen verbringen sie in Ruths Haus. Drei Wochen, in denen wir ihre Beziehung näher kennen lernen, ihre Schwächen, aber auch ihre Stärken. Die Kinder kommen zu Besuch, Fragen tauchen auf, Rahel und Peter, die sich in letzter Zeit voneinander entfernt hatten, nähern sich vorsichtig an.
Das alles wird unglaublich ehrlich und zugleich schön erzählt. Es sind Menschen, die nicht immer perfekt sind, es ist eine Ehe, die lange gehalten hat, die Höhen und Tiefen hat und deren große Stärke wohl ist, ehrlich zueinander zu sein, auch in weniger guten Zeiten, den Kontakt zu suchen und das Gespräch und wo immer es möglich ist, den:die Partner:in so sein zu lassen, wie er:sie ist.
Der Roman war sehr schön zu lesen, unaufgeregt und doch in keiner Sekunde langweilig. Und er hatte etwas Entlastendes, in so mancher Schwäche konnte ich mich wiederfinden, aber auch darin, wie es den beiden gelingt, eine lange Beziehung lebendig zu halten.
Ein Buch, das sowohl sprachlich, als auch von der Struktur und der Figurenzeichnung her überzeugt. Für mich ein Lieblingsbuch 2021!