Familienschicksal vor dem Hintergrund des Sri Lankischen Bürgerkriegs

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Aus dem Amerikanischen von Sophie Zeitz

Auf der Basis eines Familienschicksals, Eltern, vier Brüder, eine Schwester, erzählt die Autorin die Ereignisse des 1983 ausbrechenden Bürgerkriegs in Sri Lanka. Shashi, die Schwester, ist die Erzählerin. Sie erlebt den Ausbruch des Krieges in Colombo, das damals die Hauptstadt des Landes ist. Dort lebt sie gemeinsam mit dem ältesten Bruder, der Arzt ist, bei ihrer Großmutter und bereitet sich auf ihr Medizinstudium vor. Zuhause ist sie in Jaffna, dem nördlichsten Gebiet Sri Lankas, wo überwiegend Tamilen leben, zu deren Volksgruppe auch ihre Familie zählt. Nun muss sie erleben, wie ihre Brüder alle auf die eine oder andere Weise in diesen Krieg involviert werden. Ihre Mutter, von der sie das nicht erwartet hätte, wird aktiv, indem sie die Mütter mobilisiert und deren Widerstand gegen die Internierung der Söhne, von denen viele noch Kinder sind, organisiert. Aber auch Shashi kann und will sich nicht heraushalten.

Was als süffig erzählte Familiengeschichte mit einer möglicherweise sich anbahnenden Lovestory beginnt, wird zu einer grausamen Schilderung brutaler Ereignisse und war so gesehen für mich eine echte Herausforderung. Am Anfang bin ich nur so durch das Buch geflogen. Es beginnt mit der Rahmung, denn Shashi erzählt ihre Geschichte aus 30 Jahren Distanz. Dann folgt eine sehr schöne Vorstellung der Lebensumstände der Familie vor dem Ausbruch des Kriegs, als alles noch in Ordnung ist und die Geschwister von einer wunderbaren Zukunft träumen. Alle besuchen höhere Schulen, sind wissbegierig und streben akademische Laufbahnen an. Doch mit Beginn des Krieges ist das alles sehr schnell obsolet, die Familie wird auseinandergerissen, jeder geht seinen Weg. Ab hier konnte ich den Roman nicht mehr wegsuchten, sondern musste Pausen einlegen. Das Buch ist sehr gut, versteht mich nicht falsch, und ich empfehle es wärmstens. Aber man sollte dafür gewappnet sein.

Vor vielen Jahren habe ich schon einmal einen Roman über den Sri Lankischen Bürgerkrieg gelesen (Anils Geist von Michael Ondaatje), weshalb mir das Thema nicht ganz fremd war. Damals erging es mir ähnlich: ein wichtiges Buch, dessen Lektüre man nicht uneingeschränkt genießen kann. Damals gewann ich den Eindruck, dass wir über Sri Lanka nicht allzu viel wissen, und dass es auch in der Literatur nicht überrepräsentiert ist. Das glaube ich nach der Lektüre dieses Romans immer noch.

Leider konnte ich über die Autorin nur wenig in Erfahrung bringen. Sie ist 1980 in den USA geboren und unterrichtet Creative Writing an einer Universität in Minnesota. „Der brennende Garten“ bekam 2024 den Women’s Prize for Fiction und den Carol Shields Prize.