Am Ende bleiben Fragen offen

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anke78 Avatar

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Marie ist Anfang dreißig, lebt in Hamburg und führt eine glückliche Beziehung mit Johanna. Plötzlich erhält sie einen Brief von ihrer alten Schulfreundin Christine, zu der sie schon seit fünfzehn Jahren keinen Kontakt mehr hat. Marie ist völlig verstört, denn es stimmt nichts an dem Brief. Angefangen bei der Anschrift auf dem Umschlag, der an Marie Kluge in Paris gerichtet ist, bis zu vielen Details im Brief. Da ist plötzlich die Rede von Maries angeblichem Leben in Paris, ihrem Mann Victor, dem Galeristen und Maries schwerer Krankheit. Marie erfreut sich allerdings bester Gesundheit, doch der Brief lässt ihr keine Ruhe. Denn auch bei den Erzählungen aus Christines Leben stimmt so einiges nicht – sie schreibt dort von ihrem Leben in Berlin, aber sie wohnt doch in ihrem alten Heimatort und dann erzählt sie von ihren zwei Kindern, aber Marie ist sich sicher, dass Christine nur einen Sohn hat. Sie besucht Christine um mit ihr über den Brief zu reden und stürzt diese damit ebenfalls in eine Krise. Denn Christine behauptet, diesen Brief nicht geschrieben zu haben und der Inhalt wirft sie völlig aus der Bahn. Als dann auch noch bei Christine ein solcher Brief ankommt, der angeblich von Marie aus Paris kommen soll, beschließt Marie nach Paris zu reisen, um endlich Klarheit zu bekommen. Gemeinsam mit ihrem alten Studienfreund André, der mittlerweile in Paris lebt, macht sie sich auf die Suche nach der Wahrheit.
Wie schon die Leseprobe, habe ich auch das Buch förmlich verschlungen. Einmal in die Hand genommen, war es schon schwer, es wieder bei Seite zu legen - und so war es auch schnell durchgelesen. Der Schreibstil der Autorin Carolin Hagebölling ist von der ersten Seite an sehr spannend und fesselnd. Erzählt wird die Geschichte aus Maries Sicht in der Ich-Form. Ich wollte unbedingt wissen, was hinter den mysteriösen Briefen steckt. Gibt es jemanden, der Marie und Christine einen Streich spielen möchte? Wenn, dann wäre das wirklich einer der übleren Seite. Meiner Meinung nach hat die Autorin ihr Ziel, dass sie selbst im inneren Klappentext formuliert hat, erreicht. Ein Roman, der existentielle Fragen aufwirft und zum Mitfiebern und –denken anregt. Und ich muss sagen, das hat sie bei mir über den größten Teil des Buches ganz klar erreicht. Nur der Schluss kam sehr abrupt und er war überraschend. Am Ende bleiben doch einige Fragen offen und ich denke, dass mehr Seiten hilfreich gewesen wären. Diese Story in einem etwas dickeren Buch, mit noch tiefer gehender Behandlung z. B. der weiteren Charaktere, wäre eventuell noch besser gewesen. Potenzial genug hat die Story auf jeden Fall!

Das Cover ist perfekt für die Geschichte gestaltet. Die linke Hälfte zeigt eine Brücke in Hamburg, die rechte Hälfte eine Brücke in Paris. Auf beiden Brücken geht jeweils eine Frau im roten Trenchcoat, sie gehen sich sozusagen entgegen und eigentlich ist es doch die gleiche Frau. Das spiegelt sehr gut den Kernpunkt der Geschichte wieder, das Mysteriöse, die Zerrissenheit, die Marie umgibt.

Ich die Lektüre von „Der Brief“ durchaus empfehlen. Carolin Hagebölling hat einen wirklich mitreißenden Debütroman vorgelegt, auch wenn ich mir von ihrem nächsten Buch noch etwas lebensnahere und detailliertere Charaktere und Handlungen wünsche würde. Daher erhält „Der Brief“ von mir 4 Sterne (...eigentlich schon eher 4,5).