Charismatische, englische Senioren haben es noch drauf

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Richard Osman macht in seinem Debütroman vier schrullige Rentner zu Ermittlern. Der titelgebende "Donnerstagsmordclub" kommt einmal wöchentlich im Puzzlezimmer der luxuriösen Seniorenresidenz Coopers Chase zusammen, um heimlich ungeklärte Morde zu lösen. Die ehemalige Geheimagentin Elizabeth hat Zugang zu Akten, die sie mit dem Psychologen Ibrahim und dem rebellischen Ex-Gewerkschaftler Ron teilt. Doch für Ihr Brainstorming-Team fehlt ihr noch eine medizinische Fachkraft, weshalb sie Joyce mit ins Bot holt, die früher als Krankenschwester tätig war und neu ist in Coopers Chase. Um cold cases soll es zumindest in diesem ersten Band der Reihe aber nicht gehen, denn es dauert nicht lange, da kommt auch schon jemand im unmittelbaren Umfeld der Seniorenresidenz ums Leben. Und dieser Vorfall wird nicht der einzige Mord bleiben...

Immer, wenn ich dieses Buch zur Hand genommen habe, bin ich nur so durch die Seiten geflogen. Ich kann gar nicht sagen, welchen der Protagonisten ich am liebsten mag, sie haben alle ihre speziellen Vorzüge. Neben den Rentnern lernen wir noch zwei Polizeibeamte kennen, die ich beide furchbar lieb gewonnen habe. Dann haben wir den Kopf der Bande, Elizabeth. Sie strotzt vor Selbstbewusstsein und zieht die süße Joyce hinter sich her, Ron ist nicht auf den Mund gefallen und Ibrahim hat immer einen tiefenpsychologischen Ratschlag parat. Joyce ist aber nicht so ein graues Mäuschen, wie es zunächst scheint. Neben dem personalen Erzähler lesen wir auch immer wieder kurze Tagebucheinträge von ihr, die in der Ich-Form geschrieben sind und an der passenden Stelle tiefere Einblicke ermöglichen.

Der abwechslungsreiche, amüsante Schreibstil von Richard Osman tut sein Übriges. Schade fand ich nur, dass man manchmal etwas überrumpelt wurde von immer neuen Nebenfiguren, die dann im Laufe der Geschichte auch noch eine Rolle spielen. Durch die vielen Personen wurde der Mord in den Hintergrund gerückt. Wobei ich gar nicht sagen möchte, dass die Recherchearbeit zu den Todesfällen Nebensache ist, aber die Geschichte ist so strukturiert, dass es einem unmöglich gemacht wird, gemeinsam mit den Figuren zu ermitteln. Da gibt es keine Hinweise zu Beginn des Buches, die zum Ende hin zu einem Bild zusammengefügt werden können. Der Fokus liegt auf den Charakteren und den Beziehungen, die sie zueinander pflegen.

Es ist witzig zu beobachten, wie die alten Herrschaften ihr fortgeschrittenes Alter schamlos ausnutzen, um Leute zu manipulieren und so zu neuen Erkenntnissen zu kommen. Wer sich, so wie ich, erwärmen kann für den besonderen Charme älterer Menschen, der wird Spaß an dem Buch haben.

Manche Wendungen kamen zu sehr aus dem Nichts und der Schluss wurde etwas fad und systematisch abgearbeitet. Jeder mögliche Täter, den der Leser vielleicht verdächtigt haben könnte, wird kurz abgehandelt, bis wir dann auf die tatsächliche Lösung stoßen.

Insgesamt hat es mir aber sehr gut gefallen und ich kann "Der Donnerstagsmordclub" allen Freunden von englischen Krimis ans Herz legen.