Seelensammler

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sago Avatar

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"Wenn man zur Welt kommt, muss man lernen zu leben, und wenn man glaubt, es zu können, muss man lernen zu sterben..." Mit derartig berührenden Sätzen wartet der vorliegende Roman immer wieder auf. Der ganze Text ist märchenhaft und poetisch.

In einer nicht näher bezeichneten Stadt, die nur zum Teil unseren Naturgesetzen folgt, kommt Aviv zur Welt. Seine Mutter Helene stirbt bei der Geburt. Aviv wird von seiner Hebamme Selma und dem Glasbläser Abramowitch aufgezogen, bei dem er auch in die Lehre geht. Aviv ist ein aufrichtiger junger Mann, den es stets zum Guten zieht. Doch er kann nicht umhin zu bemerken, dass etwas in der Stadt nicht stimmt. Blumen, Düfte und Farben scheinen aus der Welt zu veschwinden. Bald kommt Aviv Unglaublichem auf die Spur: Der Arzt Kaminski ist mit einer faulenden Seele geboren und nun nahezu seelenlos. Aus guten Seelen möchte er für sich selbst die perfekte Seele destillieren. Zunächst fängt er nur den letzten Atemzug seiner Patienten mit interessanter Seele ein und sperrt sie in Flaschen, so dass diese nicht mehr ihren goldenen Hauch verströmen können. Bald beginnt er sogar, seine Patienten bewusst in den Tod zu schicken. Gemeinsam mit dem Bettler Filip und einem Straßenjungen ist Aviv entschlossen, Kaminski aufzuhalten...

Auf seiner Reise ins Erwachsenendasein löst Aviv das Rätsel um seinen leiblichen Vater, lernt Verlust und tiefe Trauer kennen und verliert doch nie den Glauben an das Gute. Die Protagonisten sind nahezu allegorisch gestaltet. So sind Aviv, Filip und Avivs Zieheltern von Grund auf gut, Kaminski jedoch abgrundtief böse. Dies ist bewusst so angelegt und verstärkt den märchenhaften Eindruck. Dennoch führt es auch dazu, dass man als Leser eine gewisse Distanz zu den Figuren bewahrt. Das Ende kam für mich persönlich etwas zu abrupt und verlor sich ein wenig im Allgemeinen. Ansonsten hat mich der Roman durchweg gefesselt.