White Lotus-Vibes

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Ein toter Wal, ein All-inclusive-Resort und eine Familie am Abgrund – Der Duft des Wals ist ein bitterböser, schräg-komischer Roman über den Zerfall: von Beziehungen, Illusionen und ganzen Urlaubsparadiesen.

Judith, Hugo und ihre Tochter Ava flüchten ins mexikanische Luxusresort, um ihre bröckelnde Familie zu kitten. Während Judith eigentlich schon innerlich abgeschlossen hat und mit einem Angestellten flirtet, versucht Hugo mit touristischem Eifer und neuen Rastazöpfen das Ruder herumzureißen. Ava durchschaut das Schauspiel längst – und zieht sich in sich zurück. Daneben gibt es noch weitere Charaktere: ein verliebter Angestellter und eine Stewardess mit Geistererscheinungen. Als ein toter Wal angespült wird und sein Verwesungsgeruch unerträglich wird, beginnt die schöne Fassade des Resorts zu bröckeln.

Paul Ruban, flüssig übersetzt von Jennifer Dummer, gelingt eine absurde und manchmal fast groteske Erzählung, die mit viel bösem Humor das Scheitern inszeniert. Für mich hatte das Buch ganz klar White Lotus-Vibes: Menschen, die in ihrer eigenen Wohlstandsbubble den Zerfall nicht wahrhaben wollen, bis es zu spät ist. Besonders gelungen fand ich die wechselnden Perspektiven von Judith, Hugo und Ava – jede:r mit eigener Sprache und Sicht auf das Unausweichliche. Manche Ideen wie die Geistererscheinungen waren für meinen Geschmack etwas überdreht, passten aber zum surrealen Grundton. Trotzdem war der Roman kurzweilig und unterhaltsam geschrieben, sodass ich ihn an einem Nachmittag gerne gelesen habe.