Düster, interessant, unterschwellig spannend

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bücherliebe<3 Avatar

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Schauplatz Botigalli: Ein verlassenes Bergdorf auf Sardinien. Im Rahmen eines Förderprojekts kann die Architektin Tilda hier ein Haus für nur einen Euro erwerben - und findet, was sie sucht: vollkommene Abgeschiedenheit. Nach einem Unfall kämpft sie mit ihren ganz eigenen Dämonen und ist froh um Ruhe und Frieden. Doch dem Geisterort haftet eine düstere Atmosphäre an, seine Historie wird von einem blutigen Gemetzel überschattet, nachdem alle Überlebenden den Ort fluchtartig verlassen haben sollen. Wie kam es dazu? Was trieben die Einwohner Botigalli’s damals wirklich? Der Journalist Enzo versucht es herauszufinden und besucht hierzu jeden Sonntag den einzigen verbliebenen Bewohner des Orts: einen alten Herrn kurz vor dem Ende seiner Tage. Doch dieser verhält sich widerspenstig und Enzo ist überzeugt: Seine Geschichte ist eng mit dem Massaker verknüpft. Nach und nach ereignen sich merkwürdige Dinge in Botigalli und eine düstere Gefahr scheint näher zu kommen. Hat Tilda für ihren Euro womöglich unfreiwillig einen Teil der Vergangenheit erworben, der nun seine Finger in die Gegenwart ausstreckt?

Der Geschichte haftet von Beginn an eine düstere, drückende Atmosphäre an, die sehr authentisch ist. Als Leser kann man die flirrende, unerträgliche Sommerhitze nahezu selbst spüren und fühlt sich in das eigenwillige Bergdorf hineinversetzt. Die Autorin schafft es, ein sehr reales, eigenwilliges Setting zu erschaffen, das super gut zum Buch passt.

Erzählt wird abwechselnd aus den Perspektiven von Tilda und Enzo auf einer Gegenwartsebene sowie der von Franca, die als Jugendliche in den 80ern in Botigalli lebt, als das Dorf noch bewohnt ist. Einzelne Einschübe eines unbekannten Erzählers und ein Prolog ergänzen das Ganze. Das Buch ist analog zur Entwicklung der Handlung in drei Teile geteilt. Die wechselnde Erzählperspektive gefiel mir sehr gut, sie bringt Abwechslung in die Geschichte und trägt zur Spannung bei. Wirklich spannend, im Sinne von Nervenkitzel wie man ihn bei einem Thriller häufig findet, ist das Buch meiner Meinung nach jedoch nicht. Es entsteht eher eine unterschwellige, indirekte Spannung. Das ist jedoch nicht negativ zu bewerten, denn die intensive Atmosphäre und die rätselhafte Aura führen trotzdem dazu, dass ich es kaum aus der Hand legen konnte.

Die Charaktere sind interessant und vielseitig, jeder hat seine Eigenheiten, Ecken und Kanten, positive sowie negative Seiten. Keiner von ihnen war mit hundertprozentig sympathisch, aber gerade die Ambivalenz und die Mischung der drei sehr unterschiedlichen Figuren macht für mich den Charme der Geschichte aus. Bei jeder konnte ich den Handlungsstrang sowie Gedanken und Gefühle gut nachvollziehen, also mit ihnen in die Handlung eintauchen.

Insgesamt für mich eine gelungene, besondere Geschichte mit sehr authentischem Setting und einer interessanten Mischung an Charakteren, getragen von der düsteren Stimmung und eine Empfehlung für alle, die unterschwellige Spannung durch ungeklärte Geheimnisse und rätselhafte Vorkommnisse gepaart mit einer dunklen Vergangenheit mögen.