Ein tiefer Blick in menschliche Abgründe

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Nachdem mich „Wolfskinder“ und „Das Baumhaus“ komplett gefesselt haben, wollte ich mir Vera Bucks neuestes Buch „Der dunkle Sommer“, das ich mir habe vorlesen lassen, nicht entgehen lassen. Und es geht gleich richtig zur Sache, sowohl der Prolog als auch der Anfang dieses beklemmenden Thrillers lassen mir den Atem stocken. Ich bin sofort dabei und bleibe es - die Spannung hält permanent an. Bis zum letzten Satz.

Es sind zwei Zeitebenen, die mir das Sprecherteam aus verschiedenen Perspektiven nahebringt. Über 10 Stunden und 26 Minuten schaffen sie eine Atmosphäre, die unheimlich und verstörend, die beunruhigend und bewegend ist. Mit jeder einzelnen Figur fiebere ich mit oder aber ich verdamme den ein oder anderen, allesamt sind sie lebendig und nahbar.

Ein Haus für einen Euro, noch dazu auf Sardinien – wenn das nicht verlockend ist! Natürlich dürfte jedem klar sein, dass an so einem Gebäude noch so einiges zu tun ist, aber für Tilda, die Architektin ist, also beruflich im Bausektor durchaus kompetent sein dürfte, ist dies kein Hindernis. Sie lernt den Journalisten Enzo kennen, auch den verschrobenen Silvio, der als einziger hier noch wohnt, alle anderen scheinen das Dorf verlassen zu haben. Eines schönen Tages taucht Tildas Bruder Nino auf, was ihr so gar nicht gefällt. Nun, sie lässt ihn bei sich wohnen, mit Enzo erforscht sie die Vergangenheit des Dorfes, es geschehen einige seltsame, nicht erklärbare Dinge und dann ist Nino ohne ein Wort verschwunden.

Und da ist auch Franca, auch von deren tragischer Geschichte, die sich ab 1983 zuträgt, erfahre ich mehr. Was ihr widerfährt ist so schrecklich, so aufwühlend, so verstörend – ich kann es gar nicht fassen, zu was Menschen fähig sind.

Wie gesagt, mich hat Vera Buck mit jedem ihrer Bücher erreicht. Und auch mit diesem hier. Es ist so eindrücklich geschildert und auch die Sprecher haben einen Superjob gemacht, als ob sie direkt im Geschehen wären, als ob sie all diese nicht fassbaren Grausamkeiten selber erleben würden.

Im Nachwort erfährt man, das diese Verbrechen den Tatsachen entsprechen, Sardinien war zu jener Zeit das Land der geraubten Menschen. Tragödien, die über Jahrzehnte hinweg in Italien und speziell auf Sardinien unerbittlich durchgezogen wurden. Vera Buck hat sich dieser düsteren Thematik angenommen, hat bestens recherchiert und ihre Geschichten perfekt wiedergegeben. Mich hat sie voll erwischt, ich habe in tiefste menschliche Abgründe geblickt. Ein Thriller vom Allerfeinsten, absolut lesens- und/oder hörenswert.